Skandinavische Festspiele am Grenzadler in Oberhof – Deutsche mit gemischter Bilanz
Irgendwie war das berüchtigte Oberhofer Wetter beispielgebend für das Abschneiden des deutschen Teams bei dieser Heim-WM. Denn Sonnenschein, Nebel und Regen wechselten auf dem Kamm des Thüringer Waldes einander ebenso ab, wie Siege und Enttäuschungen im DSV-Team.
Denise Herrmann-Wick liefert
Beginnen wir mit dem Positiven, das in den Oberhofer Tagen einen Namen trug: Denise Herrmann-Wick. Die Sächsin, als Mitfavoritin in die Titelkämpfe gegangen, lieferte. Und das trotz des Rummels um ihre Person, von dem man den Eindruck gewinnen musste, er nahm täglich zu. Herrmann-Wick gewann die erste Einzelentscheidung im Sprint und sorgte außerdem mit Silber in der Verfolgung und der Staffel dafür, dass sich die deutsche Medaillenbilanz mit insgesamt drei Plaketten durchaus sehen lassen kann.



Männer nicht im Soll
Womit wir bei den Enttäuschungen angekommen wären. Deutschlands Männer blieben medaillenlos – wobei die Erwartungshaltung schon vor den Biathlon-Festspielen im Thüringer Wald überschaubar war. Aber auch die Teamwettbewerbe funktionierten nicht. In der Staffel wurde das Quartett buchstäblich vom Winde verweht, in den Mixed-Wettkämpfen scheiterte man ebenfalls am Schießstand. Es ist ein (leider) ein historisch schlechtes Abschneiden. Denn man muss in der Geschichte der Sportart mehr als fünf Jahrzehnte zurückblättern, um Welttitelkämpfe zu finden, bei denen kein Deutscher auf dem Treppchen stand.
Skandinavier dominieren – DSV-Nachwuchshoffnungen
Nichtsdestotrotz muss man bei der Analyse der Heim-WM differenziert vorgehen. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass Norwegen (13 Medaillen/fünf Titel) um Überflieger Johannes Thingnes Boe und Schweden (11 Plaketten/drei Titel) gemeinsam 24 der insgesamt 36 Plätze auf dem Podium ergatterten. Skandinavische Festspiele am Grenzadler also. Das relativiert möglicherweise durchaus ordentliche Platzierungen von Doll und Kühn, die beide einmal unter die Top-6 liefen, Rees und Strelow.
Bei den Frauen ist die Situation insgesamt hoffnungsvoller. Vanessa Voigt konnte – das gestand sie sich schon nach der ersten WM-Woche ein – die eigenen Erwartungen nicht wie gewünscht erfüllen. Zu groß war wohl der Druck, der auf der einzigen Thüringer Starterin bei ihrem „Heimspiel“ lastete. Dennoch reichte es zu Silber in der Staffel, gemeinsam mit Herrmann-Wick und den hoffnungsvoll auftretenden Sophia Schneider und Hanna Kebinger. Darüber hinaus soll die aus gesundheitlichen Gründen verzichtende Franziska Preuß spätestens im kommenden Winter wieder zum Team stoßen. Außerdem haben zwei Talente in diesem Winter bei Nachwuchswettbewerben und der EM auf sich aufmerksam gemacht: Lisa Spark und die erst 18-jährige Selina Grotian, der man eine ähnlich verheißungsvolle Entwicklung prognostiziert wie einst Magdalena Neuner oder Laura Dahlmeier.
WM der Rekorde in Oberhof
Oberhof war auch eine WM der Rekorde: Insbesondere durch Überflieger Johannes Thingnes Boe, der aus der Biathlon-WM eine Boe-Athlon-WM machte. Fünf Goldmedaillen, dazu Silber mit der Staffel und Bronze im Massenstart – nie zuvor hat ein Athlet besser performt als der Norweger bei diesen Titelkämpfen. Die Konkurrenz schien am Abschlusstag fast erleichtert, als selbst der große Norweger einmal nicht gewann.
Im Schatten ihres Landsmanns sorgte Marte Olsbu Roiseland mit ihren beiden goldenen Medaillen ebenso für einen weiteren Rekord. Mit ihrem zwölften und 13. WM-Sieg überholte sie Magdalena Neuner in der ewigen Bestenliste. Mehr Gold bei Biathlon-Welttitelkämpfen gewann noch keine Athletin. Und auch die vier Medaillen für Hanna Öberg aus Schweden sind zwar kein Rekord, aber eine Erwähnung wert. Sie war die erfolgreichste Frau in Oberhof. Aufhorchen ließ auch Dorothea Wierer, die nun insgesamt zwölf Medaillen bei Weltmeisterschaften in ihrer Sammlung hat. Vor zehn Jahren gab es für die inzwischen 32-Jährige die Erste: Bronze in der Staffel von Nove Mesto. In Oberhof gewann sie mit der Staffel Gold und Silber im Mixed-Team.
Stimmung in Oberhof fantastisch – Wetter durchwachsen
Würde Edelmetall auch an die Fans verteilt werden, bekämen diese ebenfalls eine Goldmedaille. Denn bei Sonnenschein kann jeder – aber die Enthusiasten im Stadion und an der Strecke feuerten ihre Lieblinge bei jedem Wetter an, ob im Nebel des ersten Wochenendes oder im Dauerregen am Finaltag. Über 150.000 Zuschauer sind zwar kein WM-Rekord, doch mit Blick auf die Corona-Vorgeschichte dieser Titelkämpfe aber mehr als nur respektabel. Das gilt auch für die Gastgeber: Oberhof hat sich jedenfalls für weitere Veranstaltungen empfohlen. Die Thüringer, die in diesem Winter eine Doppel-WM bestehend aus Biathlon und Rennrodeln organisierten, wollten sowohl sportlich als auch touristisch Werbung für die Region machen. Beides ist gelungen.
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