In den Tagen vor dem großen Auftakt war es mild in Sölden. Keine Spur von Winter unten im Tal. Oben auf dem Gletscher ist dagegen alles bereit für die ersten Weltcup-Rennen der neuen Ski-Saison.
Die Piste für die beiden Riesenslaloms am Wochenende in Sölden wurde bestens präpariert und die Wettervorhersage lässt auf sonnige Renntage hoffen. Und doch ist dieses Mal einiges anders, wenn sich der Tross im Ötztal trifft. Es gab nach der vergangenen Saison eine Zäsur. Erfolgreiche Protagonisten haben ihre Karriere beendet und somit eine Lücke hinterlassen, die nur schwer zu schließen sein wird.
Wer sich in den vergangenen Jahren bei den Männern über die Favoriten beim Auftakt und vor allem für den Gewinn des Gesamtweltcups Gedanken machte, landete immer als erstes bei Marcel Hirscher. Nun ist der Österreicher nicht mehr dabei, abgetreten mit acht großen Kristallkugeln im Schrank, ebenso wie Aksel Lund Svindal aus Norwegen, die US-Amerikanerin Lindsey Vonn und Felix Neureuther. Vier Persönlichkeiten, die den Skisport geprägt haben, fehlen nun.
Neue Gesichter im Fokus
Wolfgang Maier, Alpinchef im Deutschen Skiverband, spricht von einem „Generationswechsel“, der aber ganz normal sei. „Es werden neue Gesichter kommen, die den Weltcup beherrschen“, sagt er. Und Neureuther, der in Sölden sein Debüt als Ski-Experte der ARD gibt, ist sicher, dass auch eine Chance für jene Athleten ist, die bisher ein wenig im Schatten standen. „So einfach wie jetzt war es in den vergangenen Jahren nicht für einen Jungen, nach oben zu kommen, erfolgreich zu sein und in den Fokus zu rücken“, findet er.
Bereit für den Weltcupauftakt: Luitz und Co wollen Chance nutzen
Zu jener neuen Riege könnte in Stefan Luitz auch ein DSV-Athlet gehören. Zudem bei den technischen Disziplinen neben Riesenslalom-Weltmeister Henrik Kristoffersen aus Norwegen, der schon arrivierte Franzose Alexis Pinturault, dessen Landsmann Clement Noel, Senkrechtstarter im Slalom in der vergangenen Saison, oder der junge Schweizer Marco Odermatt. Der deutsche Fokus beim Auftakt liegt nach dem Rücktritt von Neureuther auf dem 27-jährigen vom SC Bolsterlang. Er greift nach einer komplizierten Saison mit erstem Weltcup-Triumph, dem anschließenden, letztendlich erfolgreichen juristischen Kampf gegen die Aberkennung des Sieges sowie einer Schulter und Knieverletzung wieder an. „Ich bin fit und freue mich auf Sölden“, sagt Luitz.
Die Vorbereitung mit dem neuen Cheftrainer Christian Schwaiger war optimal, die Materialtests hat er ebenfalls erfolgreich abgeschlossen. „Es ist alles gerichtet, wie man so schön sagt“, meint der Beaver-Creek-Sieger der vergangenen Saison. Neben Luitz gehören Fritz Dopfer (SC Garmisch), Alexander Schmid (SC Frischen) und Weltcup-Debütant Bastian Meisen (SC Garmisch) zum Aufgebot für den Auftakt.
Viktoria Rebensburg als Hoffnungsträgerin
Bei den Frauen scheint die Nachfolgerin von Lindsey Vonn bereits gefunden zu sein in Mikaela Shiffrin. Mit 24 Jahren hat sie – mit Ausnahme eines Abfahrtssieges – alles gewonnen, was es zu holen gibt für eine Skirennläuferin. Aber anders als ihre Landsfrau sorgt sie fast ausschließlich mit ihren sportlichen Leistungen für Aufmerksamkeit. So ganz will die Konkurrenz das Feld der US-Amerikanerin aber nicht überlassen.
Zu den Jägerinnen der dreimaligen Gesamtweltcupgewinnerin, Olympiasiegerin und mehrfachen Weltmeisterin gehört auch Viktoria Rebensburg. Für sie ist in dieser Saison ohne Großereignis der Gewinn der kleinen Kristallkugel für die beste Riesenslalomfahrerin das Ziel. Und die Piste in Sölden liegt ihr. Zwei Siege hat die 30-Jährige vom SC Kreuth dort bereits gefeiert, dazu kamen zwei weitere Podestplatzierungen. Das Rennen auf dem Rettenbachferner ist für Rebensburg zudem „das berühmte erste Kräftemessen. Nach Sölden weiß man, wo man steht und wie es bis zu den nächsten Rennen in den USA weitergeht“, sagt sie.
Weitere Talente in der Slalom-Riege
Das Ziel der Frauenmannschaft sei es, sagt Alpinchef Maier, „eine zweite gute Riesenslalomläuferin zu entwickeln“ neben Erfolgsgarantin Rebensburg. Am ehesten traut er dies Marlene Schmotz (SC Leitzachtal) zu, die wie Lena Dürr (SV Germering) in Sölden zum Einsatz kommen wird. Generell gelte es, sagt Maier, „den positiven Trend aus der Vorsaison fortzusetzen“.

Die alpine Weltcup-Saison 2019/20