Martin Hamann hat sich im DSV-Team zu einer festen Größe entwickelt
Es gibt im Sport immer wieder mal Ausnahmen von der Regel, die da lautet, dass Spitzensportler im Winter eigentlich aus den Bergen kommen müssen. Katja Seizinger war so eine, die wurde im nordrhein-westfälischen Datteln geboren, auch Ulrich Wehling, einst König der Nordischen Kombinierer stammt aus Halle an der Saale – alles andere als ein Mekka des Wintersports. Bobsport-Legende Meinhard Nehmer wurde gar auf der Insel Rügen groß. Und auch in der Gegenwart gab und gibt es im DSV-Team Spitzenkräfte mit Flachlandwurzeln. Sachsen-Anhalt durfte sich darüber freuen, dass Biathletin Franziska Hildebrand aus Köthen stammt und der alpine Abfahrer Andreas Sander aus Ennepetal. Und selbst bei Skispringerinnen und Skispringern ist es möglich, als Flachländer hoch hinaus zu kommen. Andreas Wank beispielsweise ist gebürtiger Hallenser, verbrachte die ersten 10 Lebensjahre in Domnitz, ein paar Kilometer von Halle entfernt. Und Ulrike Gräßler – 2009 erste deutsche WM-Medaillengewinnerin im Skispringen kommt aus dem sächsischen Eilenburg, das liegt nicht etwas im Erzgebirge, sondern in der Nähe der Dübener Heide, rund 20 Kilometer nordöstlich von Leipzig. Eine Gegend also, von der Spötter behaupten, man könne am Donnerstag schon schemenhaft erkennen, wer am Wochenende zu Besuch kommt, so flach sei das Land.
Nächster Angreifer aus der Ebene
Und nun schickt sich erneut ein Jüngling aus dieser Gegend Sachsens an, die Schanzen der Welt zu erobern: Martin Hamann. Der stammt aus Altenbach, einem – sagen wir mal freundlich – eher unauffälligen kleinen Ort kurz vor den Toren Wurzens, einer Kreisstadt 20 km östlich von Leipzig und 15 km von Eilenburg entfernt. Warum das wichtig ist? Weil es in Eilenburg eine Schanze gibt, auf der schon Ulrike Gräßler das Springen erlernte und eben auch jener Martin Hamann, der sich hinter Karl Geiger und Markus Eisenbichler derzeit gerade als dritte Kraft im DSV-Team etabliert. Hamann sorgte zum Weltcup-Auftakt im polnischen Wisla für Aufsehen, als er einen Sahneflug auf 138,5 Meter nicht stehen konnte.

Tournee-Fluch für den Flachländer gebrochen
Bei der Tournee klemmte ausgerechnet zum Auftakt in Oberstdorf die Säge, der 23jährige wurde enttäuschender 43. – und die Tournee schien sich wieder zum Fluch zu entwickeln. So wie schon in den Jahren zuvor, als Hamann mal in der Qualifikation scheiterte, mal mit falschem Material angetreten war und disqualifiziert werden musste. Aber in diesem Winter ist doch einiges anders, denn im Gegensatz zur Vergangenheit fügte sich der Sachse nicht in sein Schicksal, sondern forderte es beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen heraus, wurde dort Elfter, besser war der angehende Bundespolizist bisher im Weltcup noch nie. Und auch in Innsbruck reichte es zu Platz 13.
Neuer Lebensmittelpunkt in Bad Endorf
Jetzt will Hamann in Bischofshofen unter die Top Ten springen. Zuzutrauen ist es dem Sachsen allemal. Und vielleicht schaffte man es dann auch endlich, ihn regional klar einzuordnen. Hamann, der seine Liebe für das Springen als Kind beim Besuch eines Wettbewerbes in Garmisch-Partenkirchen entdeckt und dort seinen Eltern Kathleen und Steffen erklärt hatte, er werde Skispringer, ist Sachse, aber eben keiner aus dem Erzgebirge. Zwar startet er für den SV Nickelhütte Aue, trainierte aber nachdem er den Anfängen auf der Schanze in Eilenburg entwachsen und sein Talent erkannt worden war, in Oberwiesenthal. An der dortigen Eliteschule des Sports machte Hamann übrigens auch sein Abitur. Inzwischen lebt und trainiert Martin aber im bayerischen Bad Endorf. Lässt sich zum Bundespolizisten ausbilden, musste pandemiebedingt aus dem Internat in ein Hotel übersiedeln und hat inzwischen eine Bude in Rosenheim, bleibt seiner Heimat aber dennoch eng verbunden. Nicht nur als Fan der Fußballer von RB Leipzig, sondern auch als bekennender Flachländer. Im Corona-Jahr 2020 war Hamann sogar wieder in Altenbach gemeldet.
Und so müsste es korrekterweise statt „Der Mann aus dem Erzgebirge“ richtig heißen „Hamann – der Springer aus dem Muldental.“
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