Eric Frenzel beendet seine Ausnahmelaufbahn – Silber in Planica war das letzte „Hurra“
Vielleicht war die Tatsache, dass Bundestrainer Hermann Weinbuch am letzten Wettkampftag der gerade beendeten Nordischen Ski-WM vor dem ARD-Mikrofon seinen Rücktritt als Chefcoach der deutschen Kombinierer zum Saisonende erklärte, die Initialzündung für Eric Frenzel. Denn der Routinier stand zu diesem Zeitpunkt ebenfalls am ARD-Mikrofon, weil er auf seinen letzten WM-Einsatz verzichtet hatte. Und er war sichtlich angefasst, als er die Worte seines Trainers hörte.

Ende eines langen Denkprozesses
Mit dem Gedanken, die eigene Karriere zu beenden, hatte Eric aber nicht erst seit der WM geliebäugelt. Spätestens nach den Olympischen Winterspielen von Peking 2022, als Frenzel zunächst von einer Corona-Erkrankung ausgebremst, in der Staffel doch noch zu Silber gelaufen und gesprungen war, da stellte sich die Frage nach dem Schlusspunkt seiner Laufbahn. Weil dem im sächsischen Annaberg-Buchholz geborenen Ausnahmesportler schon damals durch den Kopf ging, was er jetzt erklärte: „Ich wollte natürlich auch nicht, dass man im Nachgang mal sagt, der Frenzel hat den Absprung verpasst, jetzt könnte er endlich mal aufhören.“
Außergewöhnliches Laufbahn-Finale

Doch Frenzel wäre nicht Frenzel, wenn er sich keinen außergewöhnlichen Abgang von der großen Bühne vorgenommen hätte. Nicht wegen der Show – auch wenn er das Rampenlicht der Bühne kennt und mit dem Interesse der Öffentlichkeit auch umzugehen weiß. Doch selbst die Show suchen, das war und ist nicht sein Ding. Vielmehr suchte der Mann, der in seiner Laufbahn alles erreicht hatte, nach dem letzten Kick, der letzten Motivation, um sich noch ein Jahr lang weiter zu quälen, im Grundlagentraining im Sommer. Gerade die Kombinierer, die Ausdauer mit Maximal- und Schnellkraft in Einklang bringen müssen, sind da besonders gefordert. Und so überraschte der Sportler, der viele Jahre für den WSC Erzgebirge Oberwiesenthal gestartet war, 2018 zu seinem Heimatverein SSV Geyer wechselte, „weil ich etwas zurückgeben wollte, denn dort habe ich ja meine Wurzeln“.
Inzwischen mit der Familie in Flossenbürg in der Oberpfalz zuhause, ging mit der Ansage an die Öffentlichkeit, er wolle noch diese eine, diese letzte WM-Medaille gewinnen, um mit dann 18 Plaketten alleiniger Rekordhalter im Nordischen Skisport bei den Herren zu sein.
Paukenschlag zum Karriere-Ende
Der Ausgang des Versuches ist bekannt, Frenzel holte Staffelsilber, überholte damit den bisherigen Skikönig Björn Daehli. Kein Rekord für die Ewigkeit natürlich, das ist dem schmächtigen Mann mit der inzwischen schon etwas höheren Stirn klar. Aber genau der Punkt auf dem „i“, der seine Karriere endgültig abrundet. Das sieht er selbst auch so. „Ich habe viel erreicht und es gibt viele Menschen, denen ich dankbar bin für ihre Hilfe und ihre Unterstützung. Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe. Natürlich habe noch Spaß an meinem Sport, aber ich muss auch erkennen, dass es schwerer wird, um Top-Positionen mitkämpfen zu können. Das Highlight mit der 18. WM-Medaille habe ich erreicht und so ist das wohl genau der richtige Zeitpunkt, meine Karriere zu beenden.“


Wenn sich Kreise schließen
Was nur wenige Außenstehende wissen – seine erste internationale Medaille, die holte Frenzel 2007 mit dem Sieg im Sprint bei der Junioren-Weltmeisterschaft im italienischen Tarvisio. Gesprungen wurde damals in Planica und so schließt sich auch in dieser Hinsicht ein Kreis. Es war eine Bilderbuchkarriere, auf die der Sportsoldat zurückblicken kann. Sieben Olympische Medaillen, davon drei Goldene, sieben WM-Titel, insgesamt 18 WM-Plaketten, fünf Mal gewann Eric Frenzel den Gesamtweltcup, 43 Einzelsiege stehen in seiner persönlichen Erfolgsliste. Zu seinen größten Erfolgen zählt der Mann aus dem Erzgebirge aber auch, dass er 2018 bei den Olympischen Spielen zum Fahnenträger der deutschen Mannschaft auserkoren worden war.



Ehrenrunde
Jetzt also der Sportler-Ruhestand. Eine völlig neue Situation für einen Mann, dessen Leben seit seiner Kindheit vom Leistungssport geprägt war. Die Familie, die ihn stets unterstützte, wird nun mehr in den Mittelpunkt rücken. Vielleicht gibt es Zeit für Hobbies, auf alle Fälle wird eine Entscheidung fallen, wie es mit Eric Frenzel beruflich weitergeht. Möglicherweise bleibt der Sachse seinem Sport ja in neuer Funktion erhalten. Aber erst einmal stehen noch ein paar finale Weltcups an. Dass ausgerechnet im Mutterland der Nordischen Kombination zum Karriere-Halali geblasen wird, das ist schon etwas Besonderes. Und noch ein Kreis, der sich schließt. 2011 holte Frenzel sein erstes WM-Gold am Holmenkollen. Ganz sicher ist: Sie werden ihn feiern, wenn er zum letzen Mal über den Zielstrich kommt. Denn Eric Frenzel ist schon zu aktiven Zeiten eine Institution seiner Sportart und wechselt spätestens jetzt in den Legenden-Status.
Auf dem Bildschirm wird man Frenzel in den nächsten Monaten übrigens sicher nicht vermissen. Denn wie es sich für einen König, der vom Thron steigt, gehört, dürfte sich in diesem Kalenderjahr Ehrung an Ehrung reihen. Um die einmalige Karriere abzurunden. Vielleicht heißt der Begriff deshalb auch Ehren-Runde…