Bundestrainer Mark Kirchner räumt seinen Platz auf der Brücke
Es gibt eine Menge Episoden, die mehr über den Menschen Mark Kirchner aussagen, als die manchmal spröden Interviews des Thüringers. Das obwohl er mit den Medien ein gutes Verhältnis pflegte und sogar einst als ARD-Experte einer breiten Fernsehöffentlichkeit seine Expertise präsentierte. Es spricht für Kirchners trockenen Humor – den er sich in Interviews aber tunlichst verkniff, um allen Missinterpretationen aus dem Wege zu gehen – dass er damals als Fan von Strickmützen bei jedem TV-Auftritt frisch behütet im Fernsehen auftrat. Die Kopfbedeckungen stammten meist von Fans, die die Teile häkelten oder strickten und ihm dann zukommen ließen. Die Aussagen des einstigen Weltklasse-Mannes ließen übrigens trotz der heißen Hüte an Klarheit nichts zu wünschen übrig.



Ausnahmeathlet aus Thüringen und erstes gesamtdeutsches Aushängeschild
Zu diesem Zeitpunkt arbeitete der heute 52-Jährige, der in Neuhaus am Rennweg das Licht der Welt erblickte, noch nicht als Trainer am Stützpunkt in Oberhof, sondern absolvierte in Köln eine Ausbildung an der dortigen Trainerakademie. Vorangegangen war eine einzigartige Sportlerkarriere, gekrönt von drei Olympiasiegen und insgesamt sieben WM-Titeln. Die Zahl der Plaketten muss man übrigens in Relation zu den damals vorhandenen Möglichkeiten sehen, denn Mixed-Team-Staffeln, die Verfolgungsrennen und Massenstarts gab es beispielsweise noch gar nicht. Die Weltcupwochenenden bestanden häufig aus maximal zwei Einzelrennen. Was seine insgesamt 16 Weltcup-Erfolge umso wertvoller macht.

Mark Kirchner war nach der deutschen Wiedervereinigung in seiner Sportart so etwas wie das erste gesamtdeutsche Aushängeschild. Oder einfach nur der Beste. Was dazu führte, dass er nach 2x Gold in Albertville 1992 zwei Jahre später zum Fahnenträger für das deutsche Team in Lillehammer bestellt wurde, eine Auszeichnung, die den damals 23-Jährigen fast sprachlos machte.
Zurückhaltender Teamplayer
Große Worte waren und sind nicht Kirchners Ding, intern gilt er als Teamplayer, als überhaupt nicht autoritär. Sein Credo lautete stets, nicht allein die Leistung stehe im Vordergrund, sondern mindestens ebenso die Entwicklung. Was auch dadurch sichtbar wurde, dass er sich immer vorbehaltlos vor seine Athletinnen und Athleten stellte.
Erfolgreiche Trainerkarriere mit vielen Stationen
Die Trainerkarriere begann am Stützpunkt in Oberhof, für den WSV und dessen DDR-Vorgänger, den ASK Oberhof war Kirchner bis 1993 als Aktiver gestartet, ehe er anschließend zum WSV Scheibe-Alsbach wechselte. Parallel zu seinem Job im Thüringer Wintersportmekka betreute der Schmale erst den DSV-C-Kader, dann den DSV-B-Kader. 2007 wurde er Co-Trainer seines einstigen Heim-Coaches Frank Ullrich im A-Kader und 2010 Männer-Bundestrainer. Von 2012 bis 2018 folgte der Job als Cheftrainer der Herren und ab 2018 war Kirchner zusätzlich auch für die Frauenmannschaft zuständig. Zu den von ihm betreuten Top-Athleten zählen Arnd Peiffer, Benedikt Doll, Erik Lesser und Simon Schempp. Der Vater von drei inzwischen erwachsenen Kindern gilt in Sportlerkreisen trotz seiner öffentlichen Introvertiertheit als glänzender Motivator und als Ruhepol.
Schmalreh mit Mutterwitz
Und wer Kirchner besser kennt, der weiß auch, dass der Mutterwitz des Thüringers manchmal bunte Blüten treibt. So wie bei einer Faschingsfeier in den 90er Jahren. Kirchner, bekennender Fan des Musikers und Entertainers Helge Schneider, hatte sich nach seinem Vorbild kostümiert und geschminkt und war in diesem Aufzug schließlich ins Auto gestiegen. Auf dem Weg zur Feier wurde der damals schon Deutschlandweit bekannte Sportler von einem Polizisten angehalten und klar als Helge Schneider identifiziert. Kirchner imitierte nun auch noch die Sprache des Künstlers und bedauerte vielmehr, seine Papiere nicht am Mann zu haben. Der Sheriff zeigte sich großmütig und ließ den vorgeblichen Helge Schneider passieren. Welchen Prominenten er eigentlich vor sich hatte, wusste allerdings der Mann hinter dem Lenkrad.
Womit wir beim Spitznamen wären. Der „Schmale“, so glauben die meisten, sei das Resultat von Kirchners schmaler Figur. Möglich, doch gibt es in Thüringen „Schmal“ auch als Ausdruck für einen jungen Hirsch und einige Kollegen aus der Heimat bezeichneten Kirchner auch als „Schmalreh“. Oder einfach als „Ki“. Auch hier gibt es Interpretationsspielraum. Wahrscheinlich handelt es sich um die ersten beiden Buchstaben seines Nachnamens. Möglich ist das „Ki“ aber auch, weil Mark Kirchner gerne mal kichert. Über einen guten Witz, Skurriles, über Blödsinn. Nur eben nicht gern in der großen Öffentlichkeit.
Sag uns deine Meinung! Schreibe einen Kommentar in die SkiD Familie:
Bleibt dran, neugierig und up-to-date! #SkiDeutschland