Von Oberstdorf bis Klingenthal – Traditionsstandorte retten den Skisprung-Weltcup
Ja, Deutschland war auch schon vor der Corona-Pandemie ein beliebter Skisprung-Weltcupstandort. Nicht nur als Teil der Vierschanzentournee mit Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen, sondern auch deshalb, weil es in vielen anderen Ecken des Landes weltcuptaugliche Schanzen gibt. Dazu gehören auch rührige Organisatoren, die alles daran setzen, den Teilnehmern wunderbare Erlebnisse auf und neben den Schanzen zu ermöglichen. Egal ob Titisee-Neustadt, Willingen oder Klingenthal – wenn in Old Germany ein Weltcupwochenende im Skispringen ansteht, dann wissen alle Beteiligten, das wird eine runde Sache. Einziges Problem: Die Fülle der Angebote führte dazu, dass nicht in jedem Winter jede Schanze genutzt werden konnte. Im Schwarzwald oder im Vogtland bibberte man in jedem Frühsommer, ob die eigene Veranstaltung denn in der kommenden Saison denn im Kalender auftaucht.
Absagenflut
Der Winter 2020/21 aber – das ist ein ganz besonderer Fall. Weil der Umgang mit der weltweit grassierenden Pandemie eben länderspezifisch unterschiedlich gehandhabt wurde und wird. Das dünnte den Weltcupkalender entsprechend aus, einige Gastgeber mussten passen. Mit Hinterzarten bei den Damen gehörte ein deutscher Standort dazu – das allerdings lag nicht an Corona, sondern an Problemen beim Umbau der Schanze.
Mit Blick auf COVID 19 jedoch wird die Liste der Veranstaltungen, die in dieser Saison ausfielen, ziemlich lang. Lillehammer gab es weder im Dezember, noch im März. Oslo, Trondheim und Vikersund mussten ihren Verzicht erklären. In Japan sagten sowohl Sapporo als auch Zao ab und zu allem Überfluss reihte sich auch Peking in die Reihe der Absagenden ein, was dem Weltverband besonders weh tat. Immerhin sollen im kommenden Februar dort die Olympischen Spiele ausgetragen werden und nun steht die FIS vor der Situation, irgendwie ein Springen vor Olympia zu ermöglichen, um Athletinnen und Athleten überhaupt die Möglichkeit einzuräumen, die Olympiaschanzen kennenlernen zu können. Ob ein Sommer-Grand-Prix dazu ausreicht ist eine der Fragen, die nach Saisonende ziemlich zügig geklärt werden müssen.
Hilfe aus Deutschland, Polen, Österreich, Slowenien
Nach Bilanzierung der Saison dürfen sich einige Nationen sicherlich mit breiter Brust in Oberhofen vorstellen. Polen beispielsweise, dass mit Zakopane einsprang, die Österreicher, die Ramsau ins Rennen schickten und aus einem reinen Weltcupwochenende für Kombinierer eine Mini-WM machten, denn neben den Skispringerinnen wurden auch gleich noch die Ladies von der Nordischen Kombination in die Steiermark eingeladen und durften dort ihre Weltcup-Premiere feiern. Für die RAW-Air-Tournee, die nun schon zum zweiten Mal Corona-bedingt Federn lies, hat Planica den Hut in den Ring geworfen. Auch die Deutschen wollten da natürlich nicht nachstehen.
Klingenthal erklärte sich nämlich bereit, seinen Kombinationsweltcup um das Skispringen zu erweitern. Für die Sachsen war diese Offerte – wie für alle anderen auch – natürlich mit einem hohen wirtschaftlichen Risiko verbunden. Denn für gewöhnlich können Gastgeber des Weltcupzirkus das Gros ihrer Einnahmen nahezu ausschließlich aus dem Bereich des Eintrittskartenverkaufs generieren. Besonders der V.I.P.-Bereich hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Aber klar war – diese Einnahmequelle stand anno 2021 in Klingenthal nicht zur Verfügung. Der Lockdown in Sachsen und ganz Deutschland führte zum Geisterspringen.
Das Skispringen hat weiter zu kämpfen
Dass die Weltcups dennoch durchgeführt werden konnten, kam einem kleinen Wunder gleich. Und hat die Deutschen ebenso wie Polen, Österreicher und Slowenen bei der FIS natürlich punkten lassen. Vielleicht auch mit Blick auf neue Herausforderungen. Denn was bei den Männern noch funktionierte, geriet bei den Frauen rasch an seine Grenzen. Hier hagelte es Ausfälle, vor der WM in Oberstdorf waren die skispringenden Frauen gerade mal in Ramsau, Ljubno, Titisee-Neustadt (das für Hinterzarten in die Bresche gesprungen war), Hinzenbach und Rasnov an den Start gegangen. Auch für die RAW-Air-Tour ist kein Ersatz in Sicht.
Damit steht zu befürchten, dass es in diesem Weltcupwinter gerade mal sieben Weltcupwochenenden für die Springerinnen geben wird . Zum Vergleich: Bei den Männern sind es mindestens 12, Skiflug-WM und die Vierschanzentournee gar nicht eingerechnet. Es bleibt also viel zu tun, damit Skispringen seinem Stellenwert als Nummer 1 im Nordischen Skisport – zumindest in Mitteleuropa – auch künftig gerecht wird.
Verfolgt die Weltcups unserer Skispringer auch auf DSV Nordisch: