Die aktive Karriere von Erik Lesser wurde in Oslo 2022 beendet. Was folgt nun? Fakt ist: Mit Erik Lesser verliert die Sportart Biathlon einen ihrer charismatischsten Athleten
Als es vorbei war, der letzte Lauf gelaufen, die Ehrungen der Teamkollegen und Fans überstanden, die Karriere von Erik Lesser beendet, als die Huldigungen des Publikums in Oslo zum letzten Mal genossen waren – da fasste Erik Lesser sein Gefühlsleben in diesen Sätzen zusammen: „Ich bin echt gerührt, hätte nicht erwartet, dass mich so viele Menschen noch einmal feiern und sich so viele Biathletinnen und Biathleten noch einmal persönlich von mir verabschieden wollten. Offenbar scheine ich doch kein ganz übler Kerl zu sein.“
Typisches Understatement von Erik Lesser, von einem der charismatischsten Athleten, den der Biathlon-Zirkus jetzt verloren hat. Allein die Art und Weise seines Laufbahn-Endes spricht eine eigene Sprache. Während viele „Altgediente“ ihre letzten Weltcupauftritte nutzen, um noch einmal die Strecken und das Bad in der Menge zu genießen, während sich einige in Steghosen, Wollpullover und Bommel-Mütze zwängen, um auch äußerlich zu dokumentieren „Das war’s!“, wollte Lesser bis zum letzten Rennen richtig mitmischen. Und das gelang auf beeindruckende Art und Weise. Vor allem sein Sieg am Holmenkollen im Verfolgungsrennen nötigte der Konkurrenz Respekt ab. ✊

Das furiose Finale ist aber eben nur ein Teil der Geschichte von Erik Lesser. Denn der Thüringer, dessen Opa Axel – einst selbst ein Weltklasse-Langläufer – das große sportliche Vorbild des mittlerweile 33-Jährigen war, konnte über den sportlichen Tellerrand jederzeit hinausblicken. Und war ein Mann klarer Worte.
Erik Lesser als Teamplayer, Medaillensammmler und Sprachrohr für Athleten
Als Athletensprecher setzte sich Lesser im Weltverband IBU jahrelang für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ein, er sparte nicht mit Kritik an Entscheidungen, die er nicht nachvollziehen konnte, war aber auch gegenüber sich selbst streng, manchmal brutal in der Analyse. Das machte ihn zum Sympathieträger, auch wenn andere Biathleten noch erfolgreicher waren als der Deutsche, der es in seiner grandiosen Laufbahn aber auf sieben WM-Medaillen 🥇🥇🥈🥈🥈🥉🥉 brachte, zwei davon aus Gold. Die Olympiabilanz dagegen ist trotz des Laufbahn-Endes noch nicht in Stein gemeißelt. Denn im Augenblick stehen 2x Silber und 1x Bronze zu Buche – gut möglich allerdings, dass aus dem Staffel-Silber von Sotschi noch Gold wird, das vor den Deutschen eingekommene Team aus Russland dürfte wegen Dopingvergehen die Medaille wohl noch aberkannt bekommen und Lesser seinen Medaillensatz damit komplettieren. Was ihm prinzipiell inzwischen fast schnuppe sein dürfte, nur der Gerechtigkeit halber schaut er nach wie vor sehr genau auf die Entscheidung der zuständigen Gremien.
Eriks Karriereende stand für ihn schon seit einiger Zeit fest
Als der Lieblingsschüler von Bundestrainer Mark Kirchner kurz vor Saisonende seinen Rücktritt vom Leistungssport bekannt gab, da reagierten nicht wenige überrascht. Denn eigentlich hatte man national wie international gehofft, dass der Thüringer noch einen Winter dranhängen würde. Weil die Weltmeisterschaft 2023 im heimischen Oberhof stattfindet und mit Lesser der Lokalmatador natürlich ein hervorragendes Aushängeschild gewesen wäre. Aber Lesser ist eben Lesser – der hatte seinen Entschluss längst gefasst, aber zurückgehalten, um nicht einen Winter lang mit Fragen behelligt zu werden, wie sich ein letztes Weltcup-Rennen in Antholz oder Ruhpolding, Nove Mesto oder auf der Pokljuka wohl so anfühlen würde.
Familie steht über allem, und so nimmt Erik Lesser seine Rolle als Papa gerne an 👨👩👧
Eine Begründung für das Karriereende konnte der „Oldie“ im DSV-Team auch liefern – die Familie. Seit Töchterchen Anouk das Familienglück von Erik und Lebensgefährtin Nadine Neuber komplettiert, haben sich die Fixpunkte in Lessers Lebensplanung verschoben. Und so teilte er den Medien als Begründung für seine Demission mit, noch einen Sommer weg von der Familie, das wolle er einfach nicht mehr.
Das Biathlon Doppelzimmer steht nun leer
Überhaupt die Medien: Stets offen für Gespräche wurde Erik Lesser mit Ex-Zimmerpartner Arnd Peiffer selbst zum Medienmann, produziert den Podcast „Das Biathlon Doppelzimmer“ – auch wenn dieses Zimmer ab sofort leer steht. Vermutlich wird Erik Lesser der Öffentlichkeit aber erhalten bleiben. Weil er ein Mann der klaren Worte ist – und eine treue Seele.
Erik bleibt seinen Fans treu … und seinem Fußball-Verein
Als er bei seinem letzten Weltcup-Sieg in Oslo die Ziellinie überquerte, das kreuzte der Thüringer die Unterarme über dem Kopf und grüßte damit seinen Lieblings-Fußball-Verein, den FC Erzgebirge Aue ⚒️. Die kämpfen gegenwärtig mit wenig Fortune um den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga, hatten am Abend zuvor mit einer weiteren Niederlage erneut einen Rückschlag hinnehmen müssen. Was Edelfan Erik nicht davon abhielt, den „Veilchen“ aus dem hohen Norden Europas zu signalisieren, dass nach schlechten Tagen auch wieder gute Tage folgen. Er selbst lieferte zum Karriereende noch einmal ein Beispiel dafür ab.
Wir sagen DANKE für all die tollen Momente mit dir Erik Lesser!
Alles Gute für deine Zukunft und auf bald Erik! 🍀 #SkiDeutschland