Severin Freund verabschiedet sich aus der Manege
Sie wanden ihm Kränze, trugen ihn aus dem Auslauf. Und glaubt man Markus Eisenbichler, dann floss im deutschen Team nicht nur eine Träne, nachdem Severin Freund bekannt gegeben hatte, dass nach dieser Saison Schluss sei für ihn, mit dem Leistungssport. Eisenbichler bekannte noch am Ort des Geschehens, ohne den Mann aus Rastbüchl nicht dort zu stehen, wo er jetzt leistungsmäßig stehe (und meinte damit nicht das eher magere Abschneiden zum Saisonende). Deutschlands derzeit Bester – Karl Geiger – nannte den Landsmann aus Bayern „sein Vorbild“. Und der Youngstar Constantin Schmid verkündete, Freund sei nicht nur als Sportler extrem wichtig für das Team gewesen, sondern vor allem als Mensch.
Er kämpfte sich immer wieder zurück
Dem wollte sich der Bundestrainer bedingungslos anschließen. Stefan Horngacher bekannte, mit größtem Respekt erlebt zu haben, wie Severin Freund allen Verletzungen trotzend, wieder und wieder um Anschluss an die Weltelite gekämpft hatte. Mit Erfolg. Wie der inzwischen 33jährige stets aus allen Leistungslöchern wieder herauskrabbelte. Wie er – in sich ruhend – auch zwischenzeitliche Rückschritte verkraftete, sich neu fokussierte. Horngacher kann einschätzen, was Freund da tat, schließlich war der Österreicher in deutschen Diensten selbst Weltklassespringer. Wenngleich – direkt gegeneinander gesprungen sind die beiden nie. Horngacher beendete seine Laufbahn vor 20 Jahren, Freund startete fünf Winter später in Engelberg zum ersten Mal im Weltcup. Bis zum ersten Weltcupsieg dauerte es dann noch 37 Monate. Aber dann…
Die erfolgreiche Karriere des Severin Freund
Unter Bundestrainer Werner Schuster und Heimcoach Christian Leitner avancierte der junge Mann aus dem Bayerischen Wald zum ersten Siegspringer nach jahrelanger Durstrecke. Zu den geschlagenen Helden gehörten in Sapporo ein gewisser Adam Malysz und Thomas Morgenstern. Die deutschen Medien feierten den Erfolg als „Wunder“, doch dieser Coup war erst der Auftakt. Denn Freund hopste weiter munter auf die Podeste der Weltcup-Welt. Zudem gab es bei der WM in Oslo Bronze mit dem Team. Aber auch das war erst der Auftakt. Der Bayer gewann in seiner Laufbahn Gold mit der Mannschaft bei den Spielen in Sotschi 2014. Er holte bei Weltmeisterschaften 3x Gold, 2x Silber und 2x Bronze, wurde Skiflugweltmeister 2014 in Harrachov und 2015 Gesamtweltcup. In Planica – genau dort, wo seine Laufbahn jetzt endete.
Mit sich selbst ist Freund im Reinen
Er habe nach vielen gesundheitlichen Rückschlägen vor diesem Winter noch einmal auf Angriff geschaltet, sei immer zu 100% Sportler gewesen. Nach der Rückstufung in den Continental-Cup kämpfte sich der 1,85-Meter-Schlacks ins Weltcupteam zurück. Er verpasste die Olympischen Spiele um Haaresbreite, doch statt zu hadern gab er – typisch Freund – die Skiflug-WM als seinen eigentlichen Saisonhöhepunkt aus. Den verfolgte er konsequent, arbeitete auf diesen er ebenso zielgerichtet hin und belohnte sich deshalb völlig zurecht mit Teamsilber. Die letzte Silbermedaille seiner insgesamt drei silbernen WM-Medaillen, die der begnadete Flieger zwischen 2012 und 2022 einsammelte.
Danke Sevi!
Als Severin Freund im Auslauf des Riesenbakkens von Planica seine eigens für diesen finalen Flug gebauten Skier in die Höhe reckte, damit man auch im Fernsehen die Aufschrift „THANK YOU“ sehen konnte, da erkannten auch die Kollegen und Konkurrenten aus den anderen Nationen, dass hier ein Großer seiner Zunft Abschied nimmt. Und versammelten sich um „Sevi“. Um sich zu verabschieden. Denn allen war klar, dass der Skisprungsport an diesem Tag einen Freund verliert, einen guten Freund…
