Die Olympiasaison der Nordischen Disziplinen
Nicht alle Nordischen Disziplinen gingen Mitte März in die Wohlverdiente Pause. Die Skispringer mussten in Oberstdorf und Planica die Verlängerung. Weil ihre Saison noch bis Ende März ging. Der Olympiawinter fand nämlich ein Ende, in Falun, Oberhof und Schonach. Und bilanziert man das Erreichte, so reichen die Bewertungen von „Zufrieden“ bis „Noch viel zu tun“.
Skilanglauf Damen sorgen für das „Wunder von Peking“
Ehre wem Ehre gebührt. Peter Schlickenrieder, der Langlauf-Bundestrainer hat in dieser Bilanz als erster das Wort: „Wir laufen mit“, so der Chefcoach nach Falun, „aber wir setzen noch nicht die Akzente“. Das ist ziemlich tief gestapelt nach einem Olympiawinter, in dem Katharina Hennig und Victoria Carl in Peking den goldenen Glanzpunkt setzen konnten. Zuvor sorgte das Staffelquartett mit Olympiasilber schon für einen riesigen Erfolg. Hennig und Carl dürften neben Edelmetall inzwischen auch über einen reichlichen Vorrat an Pfannen verfügen. Denn in der Fernseh-Übertragung schrie der Reporter der Nordischen Disziplinen Jens-Jörg Rieck vor lauter Euphorie beim Schlussspurt der Thüringerin ungläubig staunend „Ja hast Du denn die Pfanne heiß?“ ins Mikrofon. Seither bekommen die beiden jetzt bei nahezu jeder Ehrung – und davon gab es schon reichlich – diesen Haushaltsgegenstand überreicht. Vielleicht geben die Damen Jens-Jörg Rieck ja die eine oder andere Bratunterlage ab.



Viel Arbeit für die Nordischen Kombiniererinnen
Ein Ei auf den Erfolgen braten – davon waren die Kombiniererinnen ziemlich weit entfernt. Zum ersten Mal gab es zwar eine Weltcup-Saison für die noch sehr junge nordische Disziplin, die mit acht Wettbewerben diesen Namen auch verdient hatte. Aber weil die Frauen bei den Spielen in Peking nicht dabei waren, flogen sie irgendwie noch immer etwas unter dem Radar. Weltmeisterin Gyda Westvold-Hansen dominierte nach Belieben, gewann sieben der acht Wettbewerbe. Für die DSV-Damen reichte es zu keinem einzigen Podestplatz. Das ließ Bundestrainer Klaus Edelmann konstatieren, man habe „schwach begonnen und insbesondere im Springen noch viel zu tun, um die Lücke nach ganz vorn schließen zu können.“


Katharina Althaus überzeugt – Nordische Disziplin im Kampf um mehr Breite
Der Satz könnte auch von Maximilian Mechler stammen, dem neuen Skisprung Bundestrainer der Damen. Wenn da nicht Katharina Althaus wäre. Die Oberstdorferin kehrte im Olympiawinter in die Weltspitze zurück, kämpfte als Solistin im deutschen Team um Siege und Spitzenplätze mit. Sie gewann, wie andere Athlet:innen der Nordischen Disziplinen, in Peking die Silbermedaille und verpasste eine bessere Platzierung im Gesamtweltcup nur, weil sie nach den Spielen eine Corona-Infektion außer Gefecht setzte. Nach Althaus aber klaffte eine Lücke, die es, so Mechler „zu schließen gilt“. Das Potential sei vorhanden, die Konstanz aber, die fehle noch. Und vielleicht wird 2022/23 mit der WM in Planica als Höhepunkt ja auch das erste Jahr ohne Carina Vogt. Die Olympiasiegerin von 2014 kämpfte ewig mit den Folgen einer langwierigen Verletzung, verpasste deshalb die Reise nach Peking. Sich noch einmal für vier Jahre zu motivieren, ob das der Rekordweltmeisterin gelingt, bleibt die große Frage.

Verrückte Saison mit Happy End bei den Nordischen Kombinieren
Das gilt auch für einige Herren aus dem Team der Nordischen Kombinierer. Einer aber hört nicht auf: Eric Frenzel. Er habe mit der Familie überlegt, so der Altmeister, und werde noch eine Saison dranhängen, Planica als neues Ziel ansteuern. Frenzel gehört gemeinsam mit Terence Weber zu den Corona-Geschädigten im DSV-Lager. Topfit nach Peking gereist, bremste die beiden ein positiver Test aus. Während der Routinier mit Silber in der Mannschaft noch ein einigermaßen versöhnliches Olympia-Finale feiern konnte, musste Weber ganz passen. Und man merkte beiden Sportlern bis zum Saisonende an, wie sehr diese unverschuldete Niederlage an ihnen nagte. Doch auch die ganze Mannschaft litt mit. Kein Wunder, wenn ausgerechnet zum Saisonhöhepunkt „die Nummer 2 und Nummer 3 im Team ausfallen“, wie es Bundestrainer Hermann Weinbuch umschrieb.
Die Kombinierer waren ohnehin die am meisten Pandemie-gebeutelte der Nordischen Disziplinen bei den Spielen, denn nicht nur die beiden Deutschen hatte das Virus erwischt. Auch Superstar Jarl Magnus Riiber und der Este Christian Illves waren betroffen. Vier Sportler aus den Top-Sieben der Weltrangliste beim Saisonhöhepunkt zum Zuschauen verurteilt – das gab es in China in keiner anderen Sportart. Die deutsche Bilanz kann sich mit Gold für die neue Nummer eins im Team, Vinzenz Geiger, und Silber mit der Mannschaft trotzdem sehen lassen. Und dass Nachrücker Manuel Faißt bei seinem unverhofften Olympiadebüt so einschlug, spricht für die Breite im deutschen Team.
Fabian Rießle dagegen schaffte es nicht nach Peking. Vielleicht wird sich der Schwarzwälder ebenso wie Ex-Überflieger Johannes Rydzek überlegen, ob die Leistungssport-Reise weitergeht oder neue Lebensziele warten. Das würde den Generationswechsel im Team von Hermann Weinbuch beschleunigen, eingeleitet haben ihn Geiger, Weber und auch Julian Schmid. Letzterer konnte in diesem Winter zum ersten Mal aufs Weltcup-Siegerpodest springen. Vielleicht auch deshalb war Hermann Weinbuch als Vater des Erfolgs trotz aller Widrigkeiten vor allem eines: „Zufrieden“!