Skifliegen – Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen
„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…“ ließ einst der Großmeister der deutschen Dichtkunst, Johann Wolfgang von Goethe seinen Doktor Faust im Frühlingsspaziergang deklamieren. Der kannte ganz offensichtlich das Kleinwalsertal nicht. Denn wenn es für gewöhnlich in Deutschland grünt und blüht, liegt im Tale zwischen Deutschland und Österreich meisten noch jede Menge Schnee. Und die weiße Pracht macht einen Skiflug-Weltcup in Oberstdorf auch Mitte März locker möglich.
Eine Woche nach der Skiflug-WM in Vikersund müssen die Adler also schon wieder ran. Und selbst nach dem Auftritt im Allgäu ist noch nicht Schluss. Es folgt noch das finale Skifliegen, traditionell im slowenischen Planica. Da kann man es als glückliche Fügung bezeichnen, dass der Kampf um die große Kristallkugel für den Gesamtweltcupsieger noch so richtig spannend ist. Die kleine Kuller für den Skiflug-Weltcup, die gibt es übrigens praktisch nebenbei.
Das Gelbe Trikot im Skisprung
Die Ausgangslage für Karl Geiger, lange Zeit im Gelben Trikot des Weltcup-Leaders unterwegs ist gut, aber nicht opulent. Denn bei seinem „Heimfliegen“ und in der Folgewoche muss der Oberstdorfer immerhin 52 Punkte Rückstand auf Japans Ryoyu Kobayashi aufholen. Genauer gesagt sogar 53 Zähler, denn Kobayashi hat in dieser Saison schon 8 Weltcup-Einzelsiege auf der Habenseite, Geiger „nur“ vier. Bei Punktegleichstand hätte der Mann aus Fernost also das Näschen vorn.

Noch 400 Punkte zu holen im Skifliegen
Aber es gibt noch vier Chancen, vier Einzelwettbewerbe beim Skifliegen, je zwei in Deutschland und zwei in Slowenien. Die Mannschaftskonkurrenz auf der großen „Letalnica“ – so der Schanzenname des Riesenbakkens von Planica – sei hier nur am Rande erwähnt. Möglicherweise wird dieser Wettbewerb wieder eine Flugshow der Weltmeister, dieses Mal aber als Gastgeber. Vier Einzelwettkämpfe, das macht maximal 400 Punkte, die ein Sportler erzielen kann. Was bedeutet, dass theoretisch auch Norwegens Halvor Egner Granerud noch eine theoretische Weltcup-Gesamtchance hat. Der Sieger der Vorsaison steht bei 1176 Punkten. Spitzenreiter Kobayashi hat 1478, das macht also 302 Zähler Differenz. Theoretisch ist das Ganze deshalb, weil sowohl der Japaner als auch Geiger in die falsche Richtung fliegen müssten, damit der Mann aus Norwegen noch an ihnen vorbeisegeln kann.

Geiger vs. Kobayashi (Ski-)fliegen in die nächste Rune
Und so fokussiert sich fast alles auf den Zweikampf der beiden Männer, die das Geschehen eigentlich schon seit Saisonbeginn dominieren. Man wechselte sich dabei in schöner Regelmäßigkeit an der Spitze ab. Vor den Spielen in Peking hatte Geiger das Leadertrikot ergattert, nach Olympia holte sich Kobayashi das Objekt der Begierde in Lahti zurück. Deshalb wäre jetzt eigentlich Karl Geiger wieder dran. Für den Deutschen spricht, dass er in Vikersund deutlich konstanter und meistens auch deutlich weiter sprang, als sein Konkurrent aus dem Land der aufgehenden Sonne. Aber Oberstdorf ist anders und die Heini-Klopfer-Schanze hat ihr ganz eigenes Profil. Vielleicht spricht ja der Heimvorteil für den Bayern, wenngleich: häufig trainiert haben wird er auf der Riesenschanze ganz sicher nicht. Womit eins feststeht: Es bleibt spannend!

