Die Oberstdorferin Katharina Schmid gewinnt bei der WM bei allen Entscheidungen Medaillen
Wenn in diesem Sommer nichts Außergewöhnliches geschieht, Weitspringerin Malaika Mihambo beispielsweise die Elbe bei Hamburg mit einem Satz überquert oder Fußballerin Alexandra Popp bei der Fußball-WM 72 Tore erzielt, dann dürfte die Wahl zur Sportlerin des Jahres schon im März entschieden worden sein. Denn es wäre ein Wunder, wenn bei der traditionellen Wahl in Baden-Baden ein anderer Name aus dem Umschlag geholt würde, als der von Katharina Schmid.
Schmid tummelt sich seit einer reichlichen Woche gemeinsam mit ihren skispringenden Kolleginnen bei der WM in Planica. Und das Wort „tummeln“ trifft den Gemütszustand des 26jährigen Schanzenflohs wohl auf den Punkt. Denn spätestens seit ihrem ersten Sieg fühlt sich die Oberstdorferin auf den Schanzen in den Karawanken pudelwohl.
Gold im Einzel als Initialzündung
Gold in der Einzelentscheidung von der Normalschanze war genau der Titel, der Katharina Schmid noch fehlte. Mit vier WM-Goldmedaillen auf der Habenseite war sie nach Slowenien angereist. Die erste gab es schon 2015 im Mixed-Team Wettbewerb, allein – eine Goldplakette in einer Einzelentscheidung fehlte noch. 2019 in Seefeld hatte sie Norwegens Maren Lundby auf Platz zwei verdrängt. Am Ende fehlte der Deutschen damals ein halber Punkt, obwohl Schmid in beiden Durchgängen Bestweiten erzielt hatte. Die Juroren verliehen der Norwegerin aber die höheren Haltungsnoten. 2018 und 2022 bei den Olympischen Spielen hatte es ebenfalls „nur“ zu Silber gereicht.
In Slowenien platzte nun endlich der Knoten und der Erfolg im Einzel schien Schmid Flügel zu verleihen. Zu Gold als Solistin gesellte sich Gold im Mannschaftsspringen, Gold im Mixed-Team Wettbewerb und zum Abschluss Bronze von der Großschanze. Letztere Medaille hatte Schmid in der Sammlung noch gefehlt. Aus Katharina Schmid wurde so „Katharina die Große“, die „Königin von Planica“, der „Albatros der Karawanken“. Die Medien überboten sich in Superlativen und Schmid machte das, was sie am besten kann: Sie lächelte.
Sonnenschein im DSV-Team mit sozialer Ader
Die Fröhlichkeit der jungen Frau aus dem Allgäu ist nicht gespielt, sondern ein Wesenszug der Skispringerin aus dem Zoll Ski Team. Tage, an denen sie nicht lächelt, sind selten. Weil aber auch Niederlage zum Sportlerleben gehören, sah man im letzten Winter Katharina Schmid auch einmal weinen. Bei den Olympischen Spielen in Peking, als die Deutsche wegen eines Materialfehlers im Mixed-Team Wettbewerb qualifiziert worden war. Die Tränen sind längst getrocknet.
Ihre fröhliche Art ist aber nur ein Wesenszug der nun achtfachen Weltmeisterin. Schmid verfügt zudem über eine ausgeprägte soziale Ader. Als Corona tobte und an Sporttreiben nicht zu denken war, als darüber hinaus Masken in Deutschland zu den raren Gütern zählten, da setzte sich Schmid ohne großes Aufsehen darum zu machen bis zu sechs Stunden täglich an die Nähmaschine und produzierte Atemschutz-Masken für Krankenhäuser, Pflegeheime, Bekannte und Verwandte. Und auch ihr Erfolg bei der WM kommt nicht von ungefähr. Denn Katharina Schmid ist trotz ihrer gerade mal 26 Jahr so etwas wie die „Grande Dame“ des Frauenskispringens.
Generationenübergreifende Erfolge
Erste Erfolge sind in den Annalen beispielsweise im Jahr 2012 verzeichnet. Im Mixed-Team Wettbewerb des Sommer Grand Prix beispielsweise, gemeinsam mit den Herren Andreas Wank und Pascal Bodmer und mit einer gewissen Ulrike Gräßler. Die hatte bei der WM-Premiere 2009 in Liberec mit ihrer Silbermedaille den – wenn man so will – Boden bereitet für weitere deutsche Erfolge. 2015 wurde Schmid in Falun erstmals Weltmeisterin, im Mixed-Team mit Severin Freund, Carina Vogt und Richard Freitag. Vogt war damals die Vorfliegerin, holte 2x Gold – mehr Möglichkeiten hatten die Frauen damals nicht – und sie war als erste Olympiasiegerin der Skisprung-Geschichte der Frauen nach Falun gereist. Und Richard Freitag ist der Bruder von Selina Freitag, in diesem Winter Partnerin von Schmid bei ihren Goldflügen im Mixed-Team und mit der Mannschaft.
Skifliegen – Katharina Schmid‘ Kindheitstraum
Auch wenn das so klingt, als sei Katharina Schmid nun rum, hätte alles erlebt und ihre Karriere würde sich dem Ende zuneigen – die Oberstdorferin wird weitermachen, denn sie hat noch Ziele und das Niveau, auch in Zukunft Großes zu vollbringen. In diesem Winter gibt es noch einen Höhepunkt für die Allgäuerin – das Skifliegen in Vikersund. Katharina Schmid gehört zu den wenigen Frauen, denen selbst Skeptiker einen sicheren Flug und eine ebenso sichere Landung zutrauen. Vielleicht knackt die 26jährige in Norwegen auch noch den Skiflug-Weltrekord.
Das Highlight folgt im Frühjahr
Den ganz großen Höhepunkt im Leben der Katharina Schmid, den gibt es aber erst, wenn der letzte Schnee getaut ist. Denn im Frühjahr will Katharina ihren Verlobten Patrick heiraten. Der ist der Bruder von Kombinierer Julian Schmid. Und so könnte es sein, dass die Moderatoren bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres doch noch einen anderen Namen als „Schmid“ aus dem Kuvert zaubern. Aber wenn auf dem Zettel dann Katharina Schmid steht, hat trotzdem die Richtige gewonnen.