Die Serie kann sich sehen lassen. Ein Sieg, ein zweiter Platz, zweimal Top 6 – Linus Straßer hat sich in diesem Winter in der Slalom-Weltklasse ganz vorne etabliert. Und daran ändert auch sein Pech in Flachau nichts. Denn „einfädeln“, sagt der Münchner nach dem Ausscheiden im zweiten Rennen auf der „Hermann-Maier-Piste“ im Salzburger Land, „kannst immer. Das ist Teil des Spiels.“
Linus Straßer ist also nun dort, wo er immer hinwollte, wo jeder Skirennläufer, jeder Sportler, hinwill. Aber der Weg war steinig. 2015 galt er nach gerade einmal einer Handvoll Weltcuprennen mit zwei Top-Ten-Platzierungen und einem zehnten Rang bei der WM als Versprechen für die Zukunft. Für die nähere Zukunft, auch weil er ein wenig an Felix Neureuther erinnerte. Vor allem in seinem Fahrstil ähnelte er dem Vorbild, allerdings dem jungen Neureuther, der manchmal ein bisschen zu viel gezaubert hatte zwischen den Toren, ehe er Technik und Talent in Einklang gebracht hatte.
Im Training top
Der 28-Jährige, der für den TSV 1860 München startet, hatte damals gedacht, so erzählte er einmal, „es geht einfach so weiter“, weiter nach oben. Aber diese Einstellung bedeutet eben oft auch schon den ersten Schritt nach unten. Irgendwann wurden die schnellen Schwünge weniger, und die Pannen häuften sich. Felix Neureuther erinnert sich daran, dass Straßer im Training oft der Schnellste war. „Er dachte, er ist der Beste, das war er ja auch, aber das dann von der Trainingssituation in den Wettkampf rüberzubringen, ist nicht so leicht.“ Dazu kam die Erwartungshaltung, die eigene, aber auch die des Umfelds, die nach dem guten Start gestiegen war.
Linus Straßer: Ultimatum für den Schweinehund
Es hat ein paar Jahre gedauert, bis Straßer zu sich selbst gefunden hat. Er bezeichnet dies als „Prozess“, der begann, als Bernd Brunner im Frühjahr 2018 als Techniktrainer zum Deutschen Skiverband kam. Der Österreicher, sagt Straßer, setze sehr auf eigenen Antrieb. „Er gibt dir nicht vor, was du machen sollst, sondern lenkt dich in die Richtung, damit du von alleine draufkommst.“ Er hat sich dann selbst ein Ultimatum gestellt, sich geschworen, wenn er „den Mut und den Willen nicht aufbringe, den Schweinehund nicht überwinden kann“ zu verändern, was verändert werde muss, „dann lasse ich es sein“.
Kleine Schritte führen zum Erfolg
Es waren kleine Dinge, an denen er gefeilt hat, „aber sehr wichtige“. Dazu zählt auch, dass er an seinem Stil gefeilt hat. Statt wie früher zwischen den Stangen zaubern zu wollen, konzentriert er sich jetzt auf die perfekte Position. Er scheint genau zu wissen, wo er attackieren muss und wo es zielführender ist, das Tempo ein wenig zu drosseln. Dass im zweiten Slalom von Flachau „das Timing nicht ganz gestimmt“ habe, ist nichts mehr, was ihn aus der Bahn werfen kann. Nächste Station ist Schladming, dort „greifen wir wieder an“, sagt er.
Grundstein für den Erfolg im letzten Jahr gelegt
Dabei hatte Straßer in der Vorbereitung auf diese Saison dreieinhalb Monate wegen einer Entzündung der Quadrizepssehne pausieren müssen und war deshalb mit Trainingsrückstand bei den ersten beiden Slaloms vor Weihnachten angetreten. Aber er hatte ein gutes Gefühl aus der Saison davor mitgenommen. Im Herbst 2019 war er beim Auftakt mit 47 gestartet, am Ende des Winters hatte er sich auf einen Platz unter den besten 15 vorgearbeitet. Straßer wusste, er ist auf dem richtigen Weg. In Alta Badia tastet er sich noch heran, landete auf dem 18. Platz, in Madonna di Campiglio einen Tag später zeigte er als Sechster bereits, dass das System passt. Abfahrer Thomas Dreßen, der derzeit nach einer Hüftoperation auf sein Comeback hinarbeitet, freut sich für den Erfolg des Kollegen. „Aber man sollte jetzt nicht erwarten, dass Linus bei jedem Rennen auf dem Podium steht“, sagt der Kitzbühel-Sieger von 2018.
Sechs Slaloms – sechs verschiedene Sieger
Straßer selbst hat gelernt, nicht ergebnisorientiert zu denken, denn das, hat er mittlerweile verinnerlicht, gehe meistens schief. Außerdem, sagt er, „ist die Dichte im Slalom so hoch“. Bei den sechs Slaloms bisher gab es sechs verschiedene Sieger. Straßer weiß eben, wie schwer es ist, oben zu bleiben.
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