Bereits zum dritten Mal finden in Oberstdorf im Allgäu die FIS Nordischen Ski Weltmeisterschaften statt. Doch dieses Mal soll einiges anders werden…
Damals, 1987, dachte keiner an die Auswirkungen, die Großveranstaltungen für Flora und Fauna haben. Für die 36. Nordischen Ski Weltmeisterschaften vom 12. bis 21. Februar 1987 wurden für die Stars wie Hermann Weinbuch oder Matti Nykänen Stadien neu gebaut, rund 400.000 Zuschauer reisten mit ihren Autos an, die natürlich noch nicht der heutigen Norm entsprachen, und erneuerbare Energien steckten noch in den Kinderschuhen.
18 Jahre später kehrte die FIS Nordische Ski Weltmeisterschaft zu ihrem 45. Jubiläum vom 16. bis 27. Februar 2005 erneut nach Oberstdorf zurück. Hierfür wurden im „Ried“ rund 6 Millionen Euro für neue Top-Standards verbaut – Oberstdorf wollte mit noch besseren Strecken und dem Ausbau der Infrastruktur glänzen. Auch die Skisprungschanzen unterzogen sich hier einer kleiner Rundumerneuerung – knapp 17 Millionen Euro verschlang dieses erfolgreiche Bauvorhaben, von dem wir bis heute profitieren: Die K115 wurde zu einer HS137 ausgebaut, das Stadion umgebaut und ein Schrägaufzug bis zum Schanzentisch installiert. Und das waren nur ein Teil der Neuerungen in den Sportstadien. Oberstdorf glänzte auf der internationalen Bühne erneut mit wegweisenden Innovationen.
Heute, 16 Jahre später, hat sich unser Fokus wieder einmal verschoben. Der Blick ist weiterhin nach vorne gerichtet, dieses Mal getrübt durch wachsende Umweltschäden und Klimawandel, die uns täglich umgeben. Und wieder stellen wir uns die Frage, was Innovation im Leistungssport bedeutet. Längst dreht sich bei der Planung von Großevents nicht mehr alles um die Frage nach neuen Schanzenrekorden, Kapazitätssteigerungen bis zum Ultimum und neue Broadcast-Technologien. Oberstdorf hat sich ein neues Ziel sehr hoch gesteckt: Die nachhaltigste WM aller Zeiten auszurichten. Die Zukunft des Sports bewahren heißt auch, die Umwelt zu schützen.

Nachhaltigkeit ist ein fortlaufender Prozess und die FIS Nordischen Ski Weltmeisterschaften 2021 möchte hier gemeinsam mit Akteuren, Organisationen, Institutionen und Politik an einem Strang ziehen. Die Nachhaltigkeitsstrategie soll neue Maßstäbe für die nachhaltige Durchführung von internationalen Wintersportveranstaltungen setzen. Aber wie?
Die nachhaltige Entwicklung des nordischen Wintersports ist nicht nur für die Marktgemeinde Oberstdorf von großer Bedeutung. Auch der DSV hat mit seinen Zielen für nachhaltige Wintersportentwicklung einen großen Beitrag für die Umsetzung der Großveranstaltung in Oberstdorf beigetragen. Alle zusammen für ein positives Erbe der FIS Nordischen Ski Weltmeisterschaften 2021 Das ist, was unsere Heim-WM besser macht:
Alles auf Anfang – Ökostrom für Oberstdorf
Schon vor über 100 Jahren wurden an der Trettach Wasserkraftwerke betrieben – klar damals mit noch nicht der Leistung, die heute möglich ist. Früher wurde Energie aus erneuerbaren und ressourcenschonenden Mitteln erzeugt. Wie hier die Wasserenergie. Die Industrialisierung und der Wandel der Menschheit erforderte immer mehr und mehr Strom. Deshalb griffen die Menschen auch auf andere Energiequellen zurück. Doch hier in Oberstdorf setzen die Verantwortlichen der FIS Nordischen Skiweltmeisterschaft und auch der Marktgemeinde Oberstdorf auf grüne und vor allem nachhaltige Energiegewinnung – und das nicht nur über den Zeitraum der Weltmeisterschaft! Es setzten sich alle an einen Tisch und haben beschlossen, dass ab dem Jahr 2021 alle Sportstätten 100% regional erzeugten Strom aus Allgäuer Wasserkraftwerken, PV-, Biogas- und Windkraftanlagen beziehen sollen. Die Industrialisierung brachte auch den wissenschaftlichen Fortschritt mit sich, so kann das damals noch kleine Wasserkraftwerk an der Trettach durch das neue Kraftwerk der Energieversorgung Oberstdorf GmbH Illerursprung ersetzt werden und sage und schreibe 6,3 Mio kWh Strom produzieren! Über den kürzesten Weg gelangt dieser dann zur Schanzenanlage, ins Nordic Aktiv Zentrum und an all die anderen Orte, die vom grünen Strom überzeugt sind!
Umzug in ein neues Leben
Ob Nordic Zentrum Oberstdorf/Allgäu im Ried oder Schanzen-Anlage am Schattenberg – beide liegen in einem sensiblen und einzigartigen Naturraum. Doch wie kann hier nun Neues geschaffen werden und gleichzeitig der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen garantiert werden? Das geht! Es wurde nicht, wie an anderen Orten oftmals geschieht, alles neu gebaut. Nur rund 20% der Anlagen wurden neu geschaffen, die restlichen 80% wurden modernisiert und optimiert um umwelt- und ressourcenschonende Zukunft zu realisieren. Angesiedelte Tiere wie der Alpensalamander oder andere Amphibien erhielten ein Ersatzhabitat, welches sie auch sofort genutzt haben. Auch die im Ried angesiedelte Haselmaus hat ein neues Zuhause bekommen. Bereits 2018, also 1 Jahr vor dem eigentlichen Baubeginn, wurde die streng geschützte Haselmaus umgesiedelt, um sie nicht während der Ruhezeiten zu stören. Amphibien, die Laichgewässer benötigen, haben Interims-Laichgewässer in der Nähe des alten Schneiteiches bekommen, um dem „Baustress“ zu entkommen. Zusätzlich wurden neue Laichgewässer gebaut, in denen das Wasser wärmer als im Schneiteich ist und damit ideal für die Ablage des Laiches und die Entwicklung neuer Amphibien ist.
Oberstdorf2021 – Die WM der kurzen Wege
Für alle Zuschauer hätte es, wenn da nicht die Pandemie wäre, die Möglichkeit gegeben, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Die Kooperation mit der deutschen Bahn und die Verbesserung des öffentlichen Personenverkehrs in Oberstdorf selbst waren das Kernstück des neuen Transports. Bei der „Vollbesetzung“ der Shuttles standen sich Ökologie und Hygienevorschrift gegenüber; durch „Check-Ins“ der Fahrenden und das reinigen nach jeder Fahrt hat Oberstdorf aber einen sicheren und guten Weg gefunden. Großes Plus: Alle Shuttles waren immer und zu jeder Zeit bereit, freundlich und hilfsbereit.
Doch wie kann jetzt, da keine Zuschauer erlaubt sind, etwas zu weniger CO² Emissionen beigetragen werden? Hier kommt Audi ins Spiel! Für die Zeit der FIS Nordischen Skiweltmeisterschaft war es dem DSV möglich, einen Audi e-tron Sportback zu nutzen, um Hotel und Wettkampfstätten anzufahren. Es ist der erste vollelektrische SUV, der sowohl in der Stadt als auch in den Bergen mit seiner Agilität sein Können unter Beweis stellt. Die E-Mobilität ist auf dem Vormarsch und wir möchten hier von Anfang an mit dabei sein!
Grün im Schnee – der Pistenbully Hybrid
Wer jetzt glaubt, dass die E-Mobilität nur auf den Straßen Einzug hält, hat sich geirrt. Auch bei Kässbohrer steht Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung auf dem Programm. Mit dem Pistenbully Hybrid hat Kässbohrer eine Pistenraupe mit diesel-elektrischem Antrieb geschaffen. Durch die Kombination aus zwei Antriebstechniken schafft es der Pistenbully Hybrid, 20% weniger Kraftstoff zu verbrauchen. Weniger Kraftstoff verbraucht bedeutet weniger CO2-Ausstoß. Auch die Geräuschentwicklung ist um 20% niedriger, als bei herkömmlichen Modellen. Das ist vor allem wichtig, um die in den Pistengebieten angesiedelten Tiere nicht zu stören! Bei der Talfahrt fungieren die Elektromotoren des Hybrid als Generatoren und unterstützen über das Verteilergetriebe den Motor beim Antrieb der Hydraulikpumpen. So wird doppelt gespart!
Mit dem E-Pistenbully wurde dafür gesorgt, dass die Athleten auf bestens präparierten Pisten und Loipen ihre Wettkämpfe bestreiten konnten.
Aus alt mach neu – Upycycling
Sie sind überall zu sehen: Fahnen, Banner, Plakate. Voller stolz präsentiert sich Oberstdorf im Allgäu als Austragungsort der nordischen Skiweltmeisterschaften 2021. Auch wenn in diesem Jahr keine Zuschauer erlaubt waren, war deutlich zu erkennen, das hier das wichtigste Event des nordischen Skiwinters aufwartet.
Doch was macht man nun mit all den übrigen Stoffen? Ganz im Sinne von „aus alt mach neu“ legt Oberstdorf hier den Fokus auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Es kostet Ressourcen die Banner und Fahnen herzutellen und um sie dann nach der WM einfach zu entsorgen, sind sie viel zu schade. Der Trend des Upcyclings geht auch an den Allgäuern nicht vorüber und so haben sie sich auch schon einige Gedanken gemacht, was daraus gemacht werden kann. Und dafür gibt es unzählige Möglichkeiten!
Wir haben euch auf unserem Instagram-Account gefragt, was ihr damit machen würdet. Hier habt ihr eurer Kreativität freien Lauf gelassen! Von Taschen, Rucksäcken, Sitzsäcken, Hängematten bis hin zu Schlafsäcken war schon einiges dabei. Hast auch du noch eine tolle Idee? Dann schreib uns auf Instagram einen Kommentar dazu! Wir freuen uns jetzt schon auf deine kreativen Ideen und Vorschläge.
Fairness – auch abseits der Wettkämpfe
Fairness – beim Sport bedeutet es, dass sich die Athleten an die Regeln halten, im Alltag lässt es sich mit Anständigkeit gleichsetzen. Fairness heist auch, dass Unbeteiligte oder künftige Generationen keinen Nachteil aus unserem Handeln haben dürfen. Und dazu hat Oberstdorf schon mit den bereits genannten Punkten sehr viel beigetragen. On Top gab es dann noch Foodsharing! Das Team von Foodsharing Oberallgäu e. V. rettet Lebensmittel, die unverkäuflich oder überproduziert sind – und das alles machen sie ehrenamtlich! Jährlich werden rund 13 Mio. Tonnen Lebensmittel allein in Deutschland weggeworfen. Dass für diese Lebensmittel Ackerfläche, Wasser und sogar Tiere ihr Leben lassen mussten, wird dabei außen vor gelassen.
Die Organisatoren der nordischen Skiweltmeisterschaften haben dieser Verschwendung den Kampf angesagt. Gemeinsam mit Foodsharing Oberallgäu konnten im WM-Zeitraum 500kg!! Lebensmittel gerettet werden, deren MHD abgelaufen oder fast erreicht war. Es waren elf Foodsaver im Einsatz, die die Lebensmittel fairteilt haben und zwei Stände, bei denen sich die Athleten und auch allen anderen eine kleine Stärkung für zwischendurch holen konnten!
Die Nordischen Skiweltmeisterschaften 2021 in Oberstdorf waren so viel mehr als nur Weltmeisterschaften – sie waren Vorreiter und Vorbild für alle Orte, die in den nächsten Jahren ein solches Event beherbergen! Von E-Mobilität bis Upcycling kann die Allgäuer Gemeinde alles bieten. Möchtest du noch mehr darüber erfahren, was Oberstdorf alles für die Nachhaltigkeit, den Umwelt- und Naturschutz unternommen hat, kannst du den „Sustainability Report“ hier abrufen.