Die Favoritengruppe war bei der WM-Abfahrt schon im Ziel, als Österreichs Hannes Reichelt im ORF-Interview sagte, dass noch ein Medaillenkandidat oben stehe: Thomas Dreßen. Das kam unerwartet, denn Dreßen fuhr im Weltcup noch nie in Podiumsnähe. Aber Reichelt hatte gute Gründe.
Dreßen hat im gemeinsamen Training der Deutschen und Österreicher nicht selten vorne mitgemischt. Im Weltcup tastet er sich noch an die Abfahrtspisten heran – mit teilweise beachtlichen Platzierungen trotz hoher Startnummern.
Am Ende wurde es Rang zwölf in St. Moritz, eine halbe Sekunde hinter der Bronzemedaille. Es war Dreßens bestes Ergebnis auf internationaler Bühne bisher. In der Kombinations-Abfahrt am nächsten Tag wurde der Mittenwalder Dritter und landete nach dem Slalom auf dem guten 14. Platz.
Noch knapper ging es bei Andreas Sander zu. Gerade einmal 19 Hundertstelsekunden fehlten ihm zu Abfahrts-Bronze. Am Ende sprang Rang acht heraus. Zuvor wurde der Ennepetaler bereits Siebter im Super-G. Der ehemalige Junioren-Weltmeister blickt auf seine bisher besten Titelkämpfe zurück und machte klar, dass er mehr will.
„Zwei, drei Zehntel habe ich an der Mauer liegengelassen. Ich darf gar nicht darüber nachdenken, was drin war“, sagte Sander über seinen Lauf. Gedankenspiele, die nichts bringen, die aber klar zeigen, wohin die deutschen Speedfahrer wollen: Nach ganz oben. Und viel fehlt nicht mehr.

Alpine Ski Weltmeisterschaften 2017 St. Moritz, Andreas Sander nach dem Super G. © Sammy Minkoff
Josef Ferstl, diesen Winter ebenso wie Sander mehrmals in den Top-10 im Weltcup, komplettiert ein Trio, das Lust auf mehr macht. Die derzeit verletzten Tobias Stechert und Klaus Brandner könnten dazu stoßen. Die deutschen Abfahrer sind im Aufwind und der Respekt der internationalen Konkurrenz steigt.
Als Cheftrainer Mathias Berthold vor drei Jahren verkündete, dass es sein Ziel sei, mit den deutschen Speedfahrern eine Medaille bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang zu gewinnen, erntete er teilweise großes Erstaunen. Inzwischen sind die Zweifler deutlich weniger geworden. Berthold und seine Abfahrer befinden sich auf Kurs.