Nun wird sie also zwölf Jahre alt – die Tour de Ski. Was am Silvestertag 2006 als Versuch begann, Elemente der Tour der France der Radprofis auf den Skilanglauf zu transferieren, hat sich mittlerweile zu einer festen Größe im Weltcupkalender gemausert. Mehr noch: Die Tour de Ski ist zweifellos einer der ganz großen Höhepunkte jeder Weltcupsaison.
Auftakt mit Hindernissen – Tour de Ski kämpft 2006 mit Schneemangel
Dabei stand die Premiere unter keinem besonders glücklichen Stern. Denn der eigentliche Premierenort, Nove Mesto, ein Wintersportzentrum in Mähren in der Tschechischen Republik, hatte im warmen Dezember 2006 nicht genügend Schnee, um eine weltcuptaugliche Piste zu präparieren. So wurde aus dem zweiten Tour-Ort – der Bayrischen Landeshauptstadt München – der Ersatzstartplatz. Weil aber die Qualifikation zum Sprint im Olympiastadion am frühen Morgen ausgetragen worden, fand die Premiere der Tour de Ski praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Was den Schweizer Christoph Eigenmann nicht daran hinderte, sich als Erster in die Siegerlisten einzutragen. Bei den Frauen stand eine gewisse Marit Björgen ganz oben auf dem Podest – im Gegensatz zum Schweizer für die Ausnahmeathletin aus Norwegen ein gewohntes Bild.
Norwegen und die Tour de Ski – Erst spät eine Liebesbeziehung
Allerdings: Norwegen und die Tour de Ski – das passte in den ersten Jahren nicht so recht zusammen. So sehr sie sich auch mühten – die Gesamtsiege holten andere. In den ersten sieben Jahren der Tour de Ski schien ein Bann auf dem Etappenrennen zu liegen – Gesamtsiege für Norwegen gab es nicht. Dafür dominierten Top-Stars anderer Länder, Justyna Kowalczyk aus Polen bei den Frauen gleich vier Mal, Dario Cologna aus der Schweiz mit drei Erfolgen, Lukas Bauer aus Tschechien war zwei Mal ganz vorn. Erst im Januar 2014 triumphierten dann Sportlerinnen und Sportler aus dem Mutterland des Skilanglaufs. Martin Johnsrud Sundby und Therese Johaug brachen den Bann. Johaug wird bei der Tournee in diesem Winter wegen einer Sperre fehlen, Legkow wurde vom IOC mit einem lebenslangen Bann belegt, Sundby musste man seinen Titel von 2015 aberkennen. Damit rückte ein anderer Ausnahmeathlet nachträglich in den Siegerlisten auf Platz eins: Petter Northug. In diesem Jahr ist der Norweger nur als Ersatzmann nominiert.
Angerer, Sommerfeld, Teichmann – Deutsche Erfolgsläufer suchen Nachfolger
Und die Deutschen: Die blicken sicherlich mit ein bisschen Wehmut in die Vergangenheit. Tobias Angerer schrieb zum Auftakt Geschichte – gewann die Premiere der Tour de Ski. Im Folgejahr beendete der Oberwiesenthaler Rene Sommerfeld das Rennen auf Gesamtrang zwei, Axel Teichmann wurde bei der dritten Auflage Dritter. Ansonsten gab es schöne Einzelresultate, ordentliche Gesamtauftritte und Erfolge, die inzwischen bei Fragerunden Expertenwissen abverlangen. Beispiel: Wer siegte im ersten Distanzrennen im Rahmen der Tour de Ski? Antwort: Franz Goering. Für den Zella-Mehliser sollte es der einzige Einzelsieg bleiben, krankheitsbedingt musste er seine Karriere 2014 beenden. Die Tour de Ski hat große Sieger hervorgebracht, große Dramen, große Rennen. Genau das, was die Gründerväter Vegard Ulvang und Jürg Capol beabsichtigt hatten.
Kontinuität und Erneuerung – Die Tour de Ski erfindet sich immer wieder neu
Ob es von Anfang an Absicht der Macher war, der Tour de Ski immer wieder ein neues Gesicht zu verpassen, bleibt dahingestellt. Denn auch das gehört zum Rennen um den Jahreswechsel dazu – konstante Austragungsorte sind Mangelware – nur Val di Fiemme mit dem Schlusspunkt, dem Gipfelsturm auf die Alpe Cermis war bisher immer im Programm, wird also zum zwölften Mal gelaufen. Andere Städte und Gemeinden, die einst Gastgeber waren, sind aus dem Etappenplan verschwunden. Tschechien beispielsweise, mit Nove Mesto, aber auch mit der Hauptstadt Prag – dort wurde sogar vor dem Regierungssitz auf dem Hradschin um Weltcuppunkte gesprintet. Die Ouvertüre von München blieb ein einmaliges Erlebnis, Asiago in Italien war in den ersten vier Tour de Ski -Wintern fixer Bestandteil, Oberhof von 2008 bis 2014 – das Wintersportmekka im Thüringer Wald ist damit bis heute der nördlichste Etappenort der Schleife. Neue Orte kamen hinzu, Lenzerheide und Val Müstair in der Schweiz. Oberstdorf – auch in diesem Winter Tour-Station – gönnte sich im Laufe der Jahre immer mal wieder eine Pause und Toblach sucht man in diesem Winter vergebens im Tour-Plan. Nur drei Etappenorte, Lenzerheide, Oberstdorf und Val die Fiemme, sind ein Novum in der Geschichte des Rennens. Für den kommenden Winter hoffen die Südtiroler aus Dobiacco, Toblach also, den Auftakt der Tour de Ski bestreiten zu können Dann käme die Tour de Ski ihrem Vorbild ziemlich nahe, denn mit Start in Südtirol und dem Finale im Flaimstal wäre die Runde zum ersten Mal wirklich fast rund. Doch egal wo gelaufen wird, Kultcharakter besitzt die strapazenreiche Tournee mit der finalen Extrembelastung schon jetzt. Was nichts anderes heißt als: Die Tour de Ski ist angekommen im Kreis der Traditionsveranstaltungen des Skiwinters.