Die etwas andere Vorschau auf den Ski-Winter
Es gibt einen inzwischen über 60 Jahre alten Kalauer. Er fasst das Treiben mit Skiern im Schnee sprachlich korrekt, aber akustisch nicht ganz stubenrein auf wunderbare Weise in einem Satz zusammen. Als in der guten alten ARD ein gewisser Heinz Maegerlein, gebürtiger Leipziger in Diensten des Bayerischen Rundfunks, 1959 ein alpines Skirennen kommentierte, da verstieg sich der Meister des gesprochenen Wortes zur Aussage: „Tausende standen an den Hängen und Pisten.“
Geschrieben ist die Sache eindeutig, gesprochen – und absichtlich falsch verstanden – ein herrliches Bonmot. Maegerlein, einst BR-Sportchef, Skisportliebhaber und Erfinder der jahrelang im Ersten gezeigten Kultsendung „Vor dem neuen Skiwinter“ sorgte mit seinem Spruch damals wie heute für Heiterkeit – die allerdings bleibt einem vor dem aktuellen Ski-Winter irgendwie im Halse stecken.

Weltcups unter erschwerten Bedingungen
Denn Fans an Hängen, Schanzen oder an Pisten wird man vergeblich suchen bei Weltcups und anderen Großveranstaltungen. Und das macht das Dilemma deutlich, welches pandemiebedingt über den Sport im Allgemeinen und den Wintersport im Speziellen hereingebrochen ist. Man läuft, fährt und fliegt auf Sicht. Und damit ist nicht der Nebel gemeint, der Veranstaltungen hin und wieder heimsucht, vielmehr geht es um die Planungs-Unsicherheiten für viele Gastgeber. Wer weiß schon, was in den nächsten Wochen passiert. Wer hätte im Sommer die Heftigkeit der so genannten zweiten Corona-Welle so genau vorhersagen können. Und deshalb gleicht es fast Heldentaten, wenn die Organisationskomitees zwischen Planica, Pokljuka und Oberstdorf, zwischen Wisla und Val di Fiemme auch unter den extrem erschwerten Bedingungen ihre Veranstaltungen planen. Sie wollen dem WM beziehungsweise Weltcup-Tross möglichst normale Bedingungen bieten. Zum Auftakt der Serien in Sölden und Wisla ist das weitestgehend gelungen – und dennoch waren die Veranstaltungen nicht die, die man aus der Vergangenheit kennt, eben Wintersportfeste mit Tausenden an Hängen und Pisten.
Praktikable Lösungen für Biathleten, Skispringer, Langläufer und Co.
Möglicherweise wird sich das in diesem Ski-Winter nicht oder nur marginal ändern. Das ist bedauerlich. Aber allein die Tatsache, dass sich die Skisport-Karawane überhaupt auf den Weg gemacht hat, stellt schon eine erfreuliche Tatsache dar. Die Weltverbände IBU und FIS suchen nach praktikablen Lösungen, die nationalen Skiverbände nach machbaren Möglichkeiten. Die Veranstalter vor Ort suchen nach Chancen, die Risiken zu minimieren und dennoch für höchstmögliche Normalität zu sorgen. Wenn am Ende des Winters eine annähernd normale Saison zustande gekommen sein sollte, dann hat der Wintersport einen großen Sieg errungen, denn er hat widerstanden. Möglicherweise ist das in diesen Zeiten genau so wichtig, wie die Frage, wer nun der beste Langläufer oder Abfahrer, die treffsicherste Biathletin oder die beste Skispringerin ist. Und Tausende an Hängen und Pisten wird es sicher auch wieder geben, vielleicht schon im Olympiajahr.
