Weltcupspitze = Olympiasieger ?
Kann der Slowene Cene Prevc für einen Sieg bei Olympia von Karl Geiger mitverantwortlich gemacht werden? Die Frage wird sich erst in den kommenden Tagen beantworten lassen. Der hinter dieser These stehende Fakt ist aber: Weil sich Prevc beim letzten Weltcup-Springen vor den Spielen in Willingen zwischen den Zweitplatzierten, Karl Geiger, und Ryoyu Kobayashi aus Japan einreihte, bekam Geiger für Rang zwei 80 Zähler gutgeschrieben, Kobayashi als Vierter nur 50. Und das wiederum hatte zur Folge, dass der Vierschanzentourneesieger aus Fernost das Gelbe Trikot des Weltcupführenden ausziehen muss. Der Allgäuer übernahm in Sachen Gesamtwertung die Spitze, wenn auch mit einem hauchdünnen Vorsprung – 1189 zu 1186 lautet das vorläufige Ergebnis.

Weltcup-Ruhe während Olympia
Während der Olympischen Spiele ruht diese Wertung. Weil sich der Deutsche im Klassement aber wieder vor den Japaner schob, wird er in China immer als Letzter des ersten Durchgangs an den Start gehen. Ob das ein Vorteil ist – das wird man sehen. Auf den Ausgang des Geschehens im Reich der Mitte allein wegen der Weltcup-Reihung zu wetten, wäre aber verwegen. Denn viel zu eng liegen die beiden dominierenden Athleten beieinander und der Rest der Konkurrenz wird sich nur wegen der Gesamtbilanz im bisherigen Saisonverlauf auch nicht vom Olympischen Wettkampf wegen Chancenlosigkeit abmelden.
Auch in anderes Disziplinen ist Olympia eine Wertung für sich
Auch ansonsten lieferten Weltcup-Platzierungen nur in den seltensten Fällen echte Anhaltspunkte für mögliche Podest-Plätze beim Jahreshöhepunkt. Und zwar Sportarten- und Disziplin-übergreifend. Gut, Francesco Friedrich im Zweier- und Viererbob nicht auf den Favoritenschild zu heben, das fällt schwer.
Aber spätestens bei Kombinierer-König Jarl Magnus Riiber dürften sich erste Zweifel einschleichen. Der Norweger dominierte bis zum Jahreswechsel fast nach Belieben, dann musste er ein paar Weltcupwochenenden verletzungsbedingt aussetzen und ausgerechnet bei der Generalprobe, dem Triple in Seefeld, waren andere stärker.
Oder Beispiel Langlauf: Johannes Hoesflot Klaebo und Therese Johaug sind natürlich heiße Kandidaten im Kampf um den Titel: König bzw. Königin der Spiele. Aber Klaebo war seit der Tour de Ski nicht mehr im Einsatz, seine norwegische Landsfrau ließ sogar die Wettkampfserie um den Jahreswechsel weg, um sich auf Peking vorzubereiten. Wie die Form ist, darüber darf spekuliert werden. Im Alpinen Bereich reicht, eine einzige Unaufmerksamkeit, schon ist man von der Goldhoffnung zum Bruchpiloten geschrumpft.
Corona und Olympia
Und dann wäre da noch das leidige Thema Corona. Ausgerechnet Österreichs große Skisprung-Goldhoffnung, Sara Marita Kramer, musste wegen eines positiven Tests aus Willingen abreisen. Die Weltcup-Spitzenreiterin, mit sechs Saisonsiegen bisher dominant durch den Winter gesegelt, könnte unter Umständen ausgerechnet für das Olympia-Springen ausfallen. Denn eigentlich hat sie laut Reglement gar keine Chance mehr, die Spiele pünktlich zu ihrem Einzelwettkampf zu erreichen.
Kramer wird nicht die Letzte sein, die dieses Schicksal ereilt, auch wenn man es keinem Sportler und keiner Sportlerin wünscht. So gesehen sind Weltcup-Platzierungen in diesem Winter wohl weniger wichtig, als ärztliche Bulletins oder Hinweise des Gesundheitsamts.