Deutsche Skispringer erleben einen Winter mit Höhen und Tiefen
Es war eine ungewöhnliche Saison für die besten Skispringer der Welt. Ungewöhnlich schon deshalb, weil die Winterserie gar nicht auf Schnee begann, sondern auf Matten. Um Terminkollisionen mit der Fußball-WM zu vermeiden, fand der Saisonauftakt im polnischen Wisla schon am ersten Novemberwochenende statt. Oder anders: Einen Monat nach Ende des Sommer-Grand-Prix ging schon der Winter los. Der allerdings noch kein Winter war, denn in Polen herrschten frühlingshafte Bedingungen. Nach dem Ausflug an die Weichsel-Quelle folgte erst einmal eine weitere Pause, ehe es im finnischen Kuusamo zum ersten Mal in den Schnee ging. Und die Saison endete so ungewöhnlich wie sie begonnen hatte: Anfang April in Planica, noch eine Woche später als sonst. Dazu gab es im Tal der Schanzen statt Sonne satt und prächtiger Thermik für weite Flüge böigen Wind und Bedingungen, die das finale Fliegen nicht an allen Wettkampftagen zuließen.
Vierschanzentournee-Ergebnisse stellten nicht zufrieden
Deutschlands Springer starteten etwas holprig in den nacholympischen Winter. Man war zwar dran an der Weltspitze, aber erst beim Heimauftritt in Titisee-Neustadt reichte es für Karl Geiger zum ersten Podestplatz. Auch als Team nahmen die DSV-Adler im Schwarzwald Fahrt auf und so bestand die berechtigte Hoffnung, beim ersten Saisonhighlight, der Vierschanzentournee ganz vorn mitspringen zu können. Doch leider konnte das Team die Erwartungen in diesem Winter nicht so erfüllen, wie es sich die Fans und am meisten die Springer selbst vorgenommen hatten. Bei der Tournee musste die Mannschaft nach einem guten Start in Oberstdorf in der Folge mit der Ernüchterung leben, dass die internationale Konkurrenz bessere Leistungen ablieferte. Das Rennen um den Gesamtsieg war schon recht früh gegen die Deutschen entschieden und die Wettkampfserie rund um den Jahreswechsel hatte mit Norwegens Halvor Egner Granerud einen Dominator, der auch im Gesamtweltcup überzeugte.



Zum Saisonhöhepunkt topfit
Aber – und das spricht für die deutsche Mannschaft – es gab anschließend auch große Erfolge. Denn nach der Tournee zeigte die Leistungskurve wieder nach oben. Und pünktlich zur WM waren die DSV-Adler top in Form, holten Silber und Bronze von der Normalschanze und sicherten sich im Mixed-Team Wettbewerb sogar den Titel. Andreas Wellinger und Karl Geiger kehrten so mit jeweils zwei WM-Plaketten von den Welttitelkämpfen zurück – eine Erfolgsbilanz.
Erkennbar war aber auch in Planica: Auf großen Schanzen taten sich Deutschlands Beste in diesem Winter ab und zu schwerer als in den Jahren zuvor. Und so sprach Bundestrainer Stefan Horngacher nach den letzten Flügen in Planica auch von einer „durchzogenen Saison mit Ups und Downs.“ Man habe Erfolge feiern können, aber auch bitter Niederlagen einstecken müssen.

Ursachensuche
Man mag darüber streiten, ob es in einer so sensiblen Sportart wie Skispringen nur an Form und Frische der Sportler lag oder nicht vielmehr an anderen Einflüssen. Viel wurde in den Medien über das Material spekuliert und oft genug fehlten den Deutschen nur Nuancen, oft mangelte es an dem, was man in Spielsportarten Matchglück nennt. Es spricht aber für die Deutschen, dass sie das sensible Thema Material nicht permanent in den Vordergrund schoben, sondern vielmehr fleißig versuchten, Defizite in diesem Bereich zu kompensieren.
Gute Einzelergebnisse
Blickt man etwas mehr ins Detail, dann bleibt positiv festzuhalten, dass nach einer schier unendlichen Verletzungsgeschichte Pyeongchang-Olympiasieger Andreas Wellinger wieder zurück ist in der Weltelite, in diesem Winter im Weltcup als insgesamt bester Deutscher performte, zwei Einzelsiege holte und mehrfach auf dem Podest landete. Auch Karl Geiger gelangen immer wieder hervorragende Flüge und selbst der mit der Gesamtsituation unzufriedenen Markus Eisenbichler segelte an guten Tagen wie zu allerbesten Zeiten, stellte er auf dem Olympiabakken von Lillehammer den Schanzenrekord ein.
Talente im Anflug
Mit dem jungen Philipp Raimund, punktuell auch mit Felix Hoffmann und erneut Justin Lisso machten junge Männer aus der zweiten Reihe auf sich aufmerksam. Insbesondere Raimund konnte bei der Tournee überzeugen, für den kommenden Winter hoffen die Trainer auf mehr Stabilität bei den Jungen und ein Erfolgs-Comeback gestandener Springer wie Stephan Leyhe oder Constantin Schmid. Sicherlich wird auch am Material gearbeitet werden. Und man wird wohl Wert darauf legen bestehende Regeln insgesamt konsequent durchzusetzen. Der Zyklus 2022/23 jedenfalls brachte Licht und Schatten, Deutschlands Skispringer aber wissen, wie schön es auf der Sonnenseite des Erfolgs sein kann und auf der wollen sie in der kommenden Saison auch wieder öfter landen.
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