Geiger überragt – Norwegen dominiert Nationenwertung – Tolle WM Gastgeber
Normalerweise beginnen Zusammenfassungen und Analysen mit Hinweisen auf große Erfolge oder schmerzliche Niederlagen. Diese beginnt mit dem Hinweis, dass der folgende Text auch ohne Schnell- oder PCR-Test gelesen werden kann und dafür weder das Tragen von Einweg-Handschuhen nötig ist, noch eine stramm sitzende FFP-2-Maske zwischen Augen und Kinn.
Allen Widrigkeiten zum Trotz
Oberstdorf war anders, als alle Nordischen Skiweltmeisterschaften zuvor und (hoffentlich) einzigartig. Ältere Semester, Menschen die 1987 oder 2005 im Allgäu schon dabei waren, hatten Schwierigkeiten sich zurechtzufinden, den man erkannte nichts wieder. Statt drängender Enge Social-Distancing, statt Party-Zone Testzentren, statt jubelnder Fans stumme Papp-Kameraden auf den Tribünen. Die Stimmung war nicht schlecht. Die Stimmung war einfach nicht vorhanden. Unter diesen Bedingungen ist es dem Gastgeber, den professionellen Organisatoren ebenso wie den zahllosen freiwilligen Helfern nicht hoch genug anzurechnen, dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz die WM mit sensationeller Geduld, mit Engagement, Höflichkeit und Freundlichkeit durchzogen. Der Sieger der WM steht damit fest – es ist Oberstdorf.
Geduld als Schlüssel zum Erfolg
Womit wir bei der Abteilung Sport wären. Aus deutscher Sicht konnte man im Allgäu dazulernen – beispielsweise, dass sich Geduld auszahlt. Hätte man am Samstagmittag der ersten Wettkampfwoche oder am Mittag des vorletzten Wettkampftages ein Zwischenfazit oder eine Gesamtbilanz gezogen, sie wäre völlig anders ausgefallen, als das tatsächliche Ergebnis. Die Gastgeber kamen etwas schwer in die Gänge, auch weil die Skispringerinnen in diesem Winter nicht an die Leistungen der Vergangenheit anknüpfen konnten, die Kombinierer in der ersten Entscheidung mit den Rängen 4 für Erik Frenzel und 6 für Fabian Riessle denkbar knapp an den Medaillenrängen vorbeischrammten.
Springen von der Kleinschanze als Dosenöffner für den DSV
Also hatte der DSV erst mal gar nichts zum Vorzeigen auf dem Konto, als am ersten Samstag die Erbsensuppe kredenzt wurde. Dann griff Karl zum ersten Mal an, der Skiflugweltmeister, zuvor wegen guter Leistungen (oft) auf Normalschanzen „Kleinschanzen-Karle“ gerufen, spielte „back to the roots“ und holte auf der K 90 die Silbermedaille. Das war so eine Art Dosenöffner. Am Sonntag folgte Silber für das Team der Kombinierer und sensationell Gold für das Mixed-Team von der Schanze. Und siehe da – das Zwischenfazit aus deutscher Sicht fiel plötzlich gar nicht so schlecht aus.
Weil aber auch nach dem Ruhetag nicht alle Wünsche in Erfüllung gingen – die Kombinierer konnten beispielsweise auch in der zweiten Einzelkonkurrenz nicht punkten, die Ränge 4 und 5 für Frenzel und Riessle sind Spitzenresultate, helfen in der von der Öffentlichkeit geliebten Medaillenwertung nicht wirklich weiter, da schien die Stimmung wieder zu kippen.
Nicht alle Blütenträume reiften
Je zweimal Gold, Silber und Bronze – das ist die Ausbeute bei der Heim-WM. Damit kann man sich sehen lassen. Aber natürlich wurden in einigen Bereichen nicht alle Wünsche wahr. Und unabhängig von Sieg oder Niederlage, Erfolg oder Misserfolg, besonders schade ist für die deutschen Sportler, dass das Erlebnis Heim-WM, von dem man normalerweise ein Sportler-Leben lang zehren kann, kein ganz echtes Erlebnis war.
Eine neue WM-Chance für Oberstdorf?
Vielleicht sollte man den Vorschlag, der während der WM aufkam, tatsächlich ernsthaft prüfen. Denn was wäre eigentlich, wenn die FIS (ebenso wie der Biathlon-Weltverband IBU), die Welttitelkämpfe, die unter der Knute von Corona durchgeführt wurden, ohne die pandemischen Einschränkungen noch einmal an genau die Gastgeber zu vergeben, die unter großem Einsatz in Pokljuka oder Planica, in Cortina d’Ampezzo oder eben Oberstdorf diese Sportfeste überhaupt erst möglich gemacht haben. Falls diese das wünschen. Die Möglichkeiten dazu hätten die Weltverbände und wahrscheinlich gäbe es wohl aus keinen Widerspruch aus der Community auf Ski. Wenn das geschehen würde, wäre es für Oberstdorf wohl der größte Sieg.
