Auf der Piste, in der Loipe und auf der Schanze sind sie Konkurrenten – aber ihren Geburtstag feierten sie gemeinsam: Der Österreichische Skiverband (ÖSV) und der Deutsche Skiverband (DSV) stießen im traditionsreichen „Grünen Saal“ des Augustiner Stammhauses in München auf ihr 120-jähriges Bestehen an. Genau dort, wo 1905 ihre Geburtsstunde geschlagen hatte, blickten beide Verbände auf mehr als ein Jahrhundert außergewöhnliche Sportgeschichte und bewegende Momente zurück.
Jubiläumsabend mit Tradition und Ausblick
Die Feier stand ganz im Zeichen gemeinsamer Geschichte, sportlicher Erfolge und des Blicks in die Zukunft. In kurzen Talkrunden erinnerten sich Weggefährtinnen und Weggefährten von damals und heute an prägende Erlebnisse, gemeinsame Wettkämpfe und die Entwicklung des Skisports über die Jahrzehnte hinweg. Unter den Gästen waren zahlreiche Größen des Wintersports – darunter Maria Höfl-Riesch, Björn Kircheisen, Martina Ertl, Fritz Dopfer, Martin Schmitt, Markus Wasmeier, Benni Raich, Kati Wilhelm, Ernst Vettori, Sven Fischer, Jens Weißflog, Günther Mader, Christoph Sumann, Marlies Raich, Michi Greis, Annemarie Moser-Pröll und Renate Götschl.
















Die Talkrunden boten nicht nur Raum für Rückblicke, sondern auch für charmante Anekdoten: Jens Weißflog erzählte, wie er vor der WM 1993 ausgerechnet seinem österreichischen Konkurrenten Ernst Vettori bei einem Bier in Falun von seinen Plänen zum Karriereende berichtete. Vettori überzeugte ihn zum Weitermachen – ein Rat, der sich lohnte: Ein Jahr später gewann Weißflog Olympia-Gold. Noch heute erinnern sich beide an Vettoris Kommentar dazu: „Dafür, dass du aufgehört hast, springst du ganz gut.“ Benni Raich blickte zurück auf die Matura von Fritz Dopfer im Tiroler Ski-Gymnasium Stams, als dieser mit völlig falsch geknöpftem Jackett erschien. Im Gegenzug erzählte Dopfer, dass Raich in Stams wohl Schlafwandler war und berichtete, wie Raich und seine Frau Marlies ihm Jahre später nach einem schweren Beinbruch beistanden – ein schönes Beispiel für Verbundenheit über Verbandsgrenzen hinweg. Und Markus Wasmeier erzählte mit einem Schmunzeln von Olympia 1994: Armin Assinger ärgerte sich darüber, dass Wasmeier seine beiden Gold-Rennen nur knapp für sich entscheiden konnte. Daraufhin sagte Assingers Frau trocken zu ihrem Mann, der auf Rang elf gelandet war: „Wärst halt schneller gefahren, Depp.“
Bayerisch-österreichische Spezialitäten und musikalische Begleitung sorgten für den passenden Rahmen eines Abends, der zeigte, wie eng die beiden Skiverbände und ihre Athletinnen und Athleten über Generationen hinweg verbunden sind – auf der Piste wie auch abseits davon.
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Zwei Nationen – eine Leidenschaft für den Skisport
Gemeinsam blicken Deutschland und Österreich auf unzählige sportliche Meilensteine zurück. Namen wie Toni Sailer, Hermann Maier und Marcel Hirscher auf österreichischer Seite sowie Georg Thoma, Rosi Mittermaier, Katja Seizinger und Sven Hannawald auf deutscher Seite prägten Generationen von Fans und machten den Skisport weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
„Vor 120 Jahren wurde mit den Gründungsurkunden von ÖSV und DSV im wahrsten Sinne des Wortes Skigeschichte geschrieben – und es freut mich sehr, dieses Jubiläum gemeinsam mit unseren österreichischen Freunden zu feiern. Uns verbindet eine lange, erfolgreiche Tradition und der Wille, den Skisport auch in Zukunft gemeinsam stark zu gestalten.“
Jörg Flechtner, Präsident des Deutschen Skiverbands (DSV)
Wo alles begann: München 1905
Vorgeschichte
Im ausgehenden 18. Jahrhundert beginnend tauchten vor allem im Laufe des 19. Jahrhunderts immer häufiger Skiläufer in Mitteleuropa auf. Insbesondere Norweger, die sich für Arbeit oder Studium im deutschen Sprachraum aufhielten, brachten den sogenannten „Schneeschuhlauf“ in die deutschen Mittelgebirge und Alpenregionen. Ab 1883 begannen, von den Skandinaviern inspiriert, auch deutsche Wintersportpioniere mit ihren ersten Skiversuchen. Dazu gehören auch die späteren Initiatoren des Deutschen Skiverbandes (DSV), Dr. Wilhelm Offermann und Wilhelm Paulcke.
Im Jahr 1890 wurde der erste Skiverein in Deutschland mit dem nur kurz existierenden SC München gegründet. Das Erscheinen des Buches „Auf Schneeschuhen durch Grönland“ von Friedjof Nansen löste in den deutschsprachigen Regionen die erste Skirevolution aus. Dies führte zu einem erhöhten Interesse am Skisport und einem beträchtlichen Anwachsen skiläuferischer Aktivitäten. In den Folgejahren gründeten sich immer mehr Vereinigungen und Clubs skibegeisterter Wintersportler. Vor allem am Feldberg im Schwarzwald, wo z. B. Norweger, die in Freiburg studierten, Skisport ausübten, ging die Entwicklung sowohl auf Ski, als auch im Vereinswesen am schnellsten voran. So bildete sich 1895 mit dem SC Schwarzwald die erste überörtliche Vereinsstruktur. In den darauffolgenden Jahren entstanden viele weitere deutsche Regionalverbände. Dies war ein entscheidender Schritt zur Entstehung eines nationalen Deutschen Skiverbandes. Die Ausrichtung der ersten Deutschen Skimeisterschaft durch den SC Schwarzwald markierte einen weiteren Meilenstein im deutschen Wintersport. Der Norweger Bjarne Nielssen gewann diese erste Deutsche Meisterschaft im Jahre 1900.
Die gemeinsame Geschichte reicht zurück in den November 1905: Der deutsche Skipionier Wilhelm Paulcke arbeitete damals mit Skiläufern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an der Idee einer länderübergreifenden Organisation. Nachdem 1904 der Schweizer Skiverband (SSV) gegründet worden war und ein gemeinsamer Verband in Österreich nicht möglich erschien, entschieden sich die Beteiligten für nationale Verbände. So entstanden am 5. November 1905 im Augustiner Stammhaus in München der Deutsche Skiverband und der Österreichische Skiverband – am selben Ort, am selben Tag. An der Entstehung des DSV waren elf Vereine mit insgesamt 2.450 Mitgliedern beteiligt, während der ÖSV mit elf Vereinen und 700 Mitgliedern startete.
120 Jahre später kehrten beide Verbände genau dorthin zurück – vereint durch eine gemeinsame Leidenschaft, die bis heute anhält.